Augustin 335 - 01/2013

Geht uns das Zeitungssterben was an?

Jürn Kruse ist seit Sommer 2012 Medienredakteur bei der «linksliberalen» Berliner Tageszeitung «taz» und beschäftigt sich seitdem fast ausschließlich mit drohenden Insolvenzen. Zuvor volontierte er zwei lange Jahre bei Axel Springer. Er wird nicht müde, Journalist_innen der Printmedien, also seinen unmittelbaren Berufskolleg_innen, die Illusion auszureden, das Zeitungssterben könne aufgehalten werden.1991, sagt er, wurden in Deutschland an einem (Werk-)Tag noch 27,3 Millionen Zeitungen verkauft. 2012 sind es noch gut 18 Millionen. In 21 Jahren haben die Zeitungen mehr als ein Drittel ihrer verkauften Auflage eingebüßt. Mensch kann davon ausgehen, dass die Tendenz in Österreich ganz ähnlich ist. Kruse fände keine Ursache, den Rückgang bei der Augustin-Kolportage (stetiger Anstieg seit dem Jahr der Gründung 1995, 35.000 verkaufte Blätter pro Halbmonat im Höhepunkt-Jahr 2007, 28.000 verkaufte Zeitungen Ende 2012) zu dramatisieren.

Folgten wir Kruses Argumentation, die durchaus nachvollziehbar ist, wären jene Faktoren, die in der internen Debatte und im Urteil unserer Leserinnen und Leser als mögliche Verursacher des Rückgangs genannt werden, von bloß sekundärer Bedeutung. Es geht um den vermeintlichen «Imageverlust», zu dem in einer innerlich ihren Antiziganismus bewahrenden Gesellschaft die Herkunft der am raschesten wachsenden Verkäufer_innenschicht beitrage.

Jürn Kruse bietet einen weiteren Zahlenvergleich an. Auch auf der anderen Einnahmenseite, bei den Anzeigen, sehe es nicht besser aus: Seit der Jahrtausendwende sinken die Werbeaufwendungen in Tageszeitungen stetig. «Als die Dotcom-Blase am größten war, pusteten die Unternehmen 6,5 Milliarden Euro in die Tageszeitungen. 2011 waren es noch 3,55 Milliarden, die für Anzeigenwerbung ausgegeben wurden. Ein Minus von ach was soll die Rechenaufgabe. Als Angestellter in einem Verlag, der in erster Linie eine gedruckte Tageszeitung vertreibt, mag man solche Rechnungen nicht. Dabei muss sich genau das endlich ändern», meint der «taz»-Medienredakteur. «Die sogenannte Zeitungskrise ist unendlich. Unser Bild von potenten gedruckten Tageszeitungen passt nicht mehr und es wird auch nie mehr passen. Da hilft auch der immer wiederkehrende Verweis auf die Relevanz der gedruckten Tagespresse für die Demokratie nichts. Das ist Nachkriegsromantik, die im Umkehrschluss nichts anderes sagt, als dass Informationen, Kommentare und Service, die den Leser auf anderen Wegen erreichen, demokratiegefährdend seien. Was natürlich Unfug ist.»

Eigenartig sei, so Kruse, dass die Journalist_innen jeden Tag mit Hilfe von Statistiken zeigen, was Sache ist, aber die Statistiken über die eigene Branche nicht ernst nehmen. Wie sonst sei es zu begreifen, dass nun der eingegangenen «Frankfurter Rundschau» von allen Seiten Ratschläge zuwachsen, was sie falsch gemacht hätte: «Tabloidformat? Ein Fehler. Zusammenschluss mit der Berliner Zeitung? Noch ein Fehler. Überhaupt, viel zu unklares Profil. Fehler, Fehler, Fehler. Selbst schuld. Als hätten Verantwortliche und Redaktion nur ein, zwei Dinge anders machen müssen, und Verkäufe sowie Anzeigenerlöse wären nicht gesunken.»

Speziell den Augustin kann bekanntlich das sinkende Inseratengeschäft nicht erschüttern denn die Anzeigenerlöse spielten für die Existenzsicherung des Augustin keine Rolle. Und noch etwas, was den Augustin von der «Frankfurter Rundschau» unterscheidet: Letztere zu kaufen, war Konsum; den Augustin zu kaufen, ist Konsum plus Solidarität. Statistiken ernst nehmen? Zu diesem Thema gibts keine Statistiken. Und wenns keine Statistiken gibt, ist der Ausgang offen

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