«Abenteuereinkauf»Dichter Innenteil

Tagebuch eines Augustin-Verkäufers

Ich stehe beim nächstgelegenen Nahversorger vor einem Regal und stelle mir die Sinnfrage: «Was mache ich hier? Wie kam ich hierher? Was wollte ich hier?» Ich schreibe mir grundsätzlich keinen Einkaufszettel. Ich nenne das «Abenteuereinkauf».

16.3.

«YDBJ;O-Ü’» Mausi weist mich auf das seltsame Verhalten ihres Kollegen hin. Der blinde Murli hält nämlich jedes Rascheln für höchst verdächtig. Das gestaltet das Heimkommen vom Einkaufen meistens etwas schwierig. Das Rascheln der Einkaufstasche erregt umgehend die ungeteilte Aufmerksamkeit des diensthabenden Katers. Mit annähernder Lichtgeschwindigkeit pirscht sich Murli an die Geräuschquelle heran. Mich selbst treibt ein menschliches Bedürfnis Richtung Thron. Landläufig auch Toilette genannt. Wenn meinereiner dann nach erfolgreicher Nachbearbeitung der Nahrung die erworbenen Lebensmittel auspacken will, dann findet sich so wie heute unter anderem ein neugieriger Kater in der Tasche. Dabei habe ich doch gar keinen gekauft. «wfzn8öß2d» Mausi findet das höchst seltsam. Der blinde Murli plädiert für nicht schuldig.

 

18.3.

Manchmal lese ich Nachrichten. Manchmal sehe ich Nachrichten. Manchmal höre ich Nachrichten. Manchmal wäre es besser, ich täte das nicht. Im nahen Osten nach wie vor Mord und Totschlag. Irgendwer kämpft mit irgendwem um Demokratie. In Europa liegen immer mehr Demokratien finanziell auf dem Bauch. Die Schwarzgeldoase Zypern droht zu ertrinken, oder besser gesagt die ehrlichen Bürger_innen. In Griechenland werden wieder Lebensmittelkarten ausgegeben, so wie zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges. In Spanien haben mehr als 50% der bis zu 25-jährigen keine Arbeit. Gut ausgebildete Menschen nagen ebenfalls am Hungertuch. Nur gut, dass die EU im Vorjahr den Friedensnobelpreis erhalten hat. Dann ist ja alles in Ordnung. Manchmal wäre es besser, ich würde die Nachrichten einfach ignorieren.

 

20.3.

Kick-Off-Pressekonferenz der Raiffeisen Vikings. Ich bin ebenfalls anwesend und treffe unsere drei Amerikaner, sowie den O-Liner Florian Grünsteidl. Am Sonntag wird auf der hohen Warte das erste Spiel der heurigen Saison stattfinden. Diese steht unter der Devise «30 Jahre Vikings». Es wird unter anderem für Familien und Student_innen ermäßigten Eintritt geben. Und natürlich diverse Angebote für die ganze Familie. Ich freue mich schon drauf.

 

22.3.

Ich stehe beim nächstgelegenen Nahversorger vor einem Regal. In diesem Zusammenhang stelle ich mir die Sinnfrage. «Was mache ich hier? Wie kam ich hierher? Was wollte ich hier? Warum stelle ich mir so viele Fragen?» Ich werde heuer 53. Aber manchmal erweckt mein Gehirn den Eindruck, als wäre es schon viel, viel älter. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich mir grundsätzlich keinen Einkaufszettel schreibe. Ich nenne das «Abenteuereinkauf». Ich wähle verbilligte Ware aus und hoffe inständig, dass ich daraus irgendetwas Essbares zu basteln vermag. Trotz allem angestrengten Nachdenken will mir nicht und nicht einfallen, was ich vor diesem Regal wollte und warum ich dort stand. Aber keine Angst, daheim in meinem Zimmer wird es mir sicher einfallen.

 

23.3.

Ich weiß nun, dass ich gestern unter anderem Salz einkaufen wollte. Also begebe ich mich hinaus in den derzeit herrschenden, arktischen Frühling, um das Gewürzproblem umgehend zu beheben. Und plötzlich stehe ich wieder vor dem Regal und sinniere und sinniere und kaufe schließlich alles Mögliche, Verbilligte. Nur kein Salz. Ich glaube, ich werde alt. Mir droht die Einschläferung. Schlussendlich erwerbe ich doch noch Salz und beginne mit meinem «Menü Surprise». Ein ganz einfaches Rezept. Man nehme einen sauberen Topf, schneide den Inhalt des Kühlschrankes in kleine Stücke, würze ihn mit den vorhandenen Gewürzen und hoffe, dass das Ganze auch genießbar sei. Im Falle einer negativen Beurteilung des Resultates gehe man zum benachbarten Chinesen und erwerbe dort ein geeignetes Menü zum Mitnehmen.

 

24.3.

Kalt. Viel zu kalt. Im Freien. Aber dort im Freien spielen heute die Raiffeisen Vikings auf der hohen Warte gegen die Black Panthers Prague. Minus 4 Grad im Schatten. Und unangenehmer Wind. Über 2000 Fans lassen sich davon aber nicht abhalten und sehen eine souveräne Leistung der Vikinger, die mit 34:21 siegreich bleiben. Nächstes Heimspiel am 21.4. um 15 Uhr. Ich bin auf jeden Fall dabei!

 

Noch immer 24.3.

Kalt. Mir ist immer noch kalt. Obwohl ich schon eine Stunde daheim bin. Vielleicht liegt es aber auch an der Sendung über die Antarktis, die ich mir gerade ansehe. Darüber muss ich noch einmal genauer nachdenken.

 

26.3.

Wo ich gehe, oder stehe, überall höre ich, dass heuer in Österreich ein Superwahljahr sei. Schön! Oder auch nicht. Welche Wahl haben wir denn?! Pest, Cholera, Typhus? In gewissen Kreisen wird laut über ein Kreuz bei der KPÖ nachgedacht. Dazu kann ich nur sagen: «Warum nicht?» Heute wurde ich aber auch auf Herrn Klug, den neuen Verteidigungsminister angesprochen. Der war vorher Bundesrat. Das ist meist jemand, den man weder im Nationalrat, noch in Brüssel, oder Straßburg brauchen kann. Wird zumindest behauptet. Aber in dem Fall haben wir leider keine Wahl. Und das im Superwahljahr.