Erhöhte BrandgefahrDichter Innenteil

Aus dem Tagebuch eines Augustinverkäufers

16. 11.

Ich hätte es besser nicht wissen sollen, oder wollen, oder wie auch immer. Jedenfalls erfahre ich gegen den Willen meines gerade in Betrieb befindlichen Gehirnteiles, dass eine prominente deutsche Politikerin für ihre Familie täglich kocht. Hauptsächlich am Wochenende. ??? Also wie jetzt? Manchmal wäre es besser, wenn solche Damen ganz einfach mal die Wahrheit sagen würden. Das wiederum wäre auch nicht schlimmer. Obwohl …, dürfen das Leute in der hohen Politik überhaupt?

(Illu: Carla Müller)

18. 11.

Es ist nicht leicht im Moment. Im Speziellen das Lesen von Nachrichten. Aber ganz schlimm finde ich, dass die NPD im Europaparlament vertreten ist. Die hat derzeit leider Hochsaison, weil diverse Medien Zusammenhänge zwischen Paris und der Flüchtlingswelle herstellen wollen. Ängste schüren ist leider immer gut für den Zulauf bei rechten Parteien. Denn: «Only bad news are good news.» Leider …

Wetter entdeckt, das erspart den Wetterbericht


20. 11.

Beim Fenster rausgeschaut. Erfolglos. Bemerkt, dass das Hochziehen der Jalousie eventuell für eine Lösung des Problems sorgen könnte. Erfolgreich. Wetter entdeckt, das erspart den Wetterbericht. Entsprechende Bekleidung ausfindig machen und dann hurtigen Hufes in Richtung diensthabender Nahversorger auf den Weg machen. Dort an der Kassa beim Bezahlen die üblichen Weinkrämpfe bekommen und trüben Auges mit den spärlichen Einkäufen wieder nach Hause irren.

22. 11.

Übermorgen in einem Monat ist schon wieder Heiliger Abend. So wird der Tag zumindest genannt. Und weil mir schon vor längerer Zeit die für Weihnachten benötigte Verwandtschaft abhanden gekommen ist, gerate ich auch nicht in die Verlegenheit, mich während der Woche schweißgebadet und von Stress geplagt in irgendwelchen Einkaufstempeln herumzutreiben. Aber eine Nachricht von heute möchte ich doch erwähnen. Laut einer Umfrage unter Betreibern von Weihnachtsmärkten sei der Umsatz an diesem Wochenende um 50 Prozent niedriger als erwartet. Woran das liegen mag, möchte ich nicht kommentieren.

Eine neue Spezies wurde gesichtet!


25. 11.

Die freie Wildbahn hat es so an sich, dass einem dort andere Säugetiere begegnen. Die meisten davon sind harmlos, wenn sie nicht gerade in ihrem Auto sitzen. Aber wenn sie sich im aufrechten Gang vorwärts bewegen, dann kann das ebenfalls ganz interessant werden für die Umgebung. Achtung! Eine neue Spezies wurde gesichtet! Der Smombie. Laut Langenscheidt-Verlag das Wort des Jahres in Deutschland. Ausgeschrieben lautet es Smartphone-Zombie. Dazu ist nichts weiteres zu erwähnen, außer dass unser Unwort des Jahres in Österreich «zach» ist. Also ein «zähes». Heute war es auch zäh, weil ich in der Bim das Opfer eines Gesangsangriffes wurde. Eine minderjährige Nachwuchshoffnung mit Kopfhörern bewaffnet sang, oder besser gesagt krächzte ein Lied aus ihrer mobilen Musikbox mit. Ich habe ja schon viele Leute gehört, die nicht singen konnten, aber das hier zum Unbesten Gegebene hätte wohl dazu geführt, dass eine echte und in Betrieb befindliche Musikbox umgehend zu spielen aufgehört hätte, wenn die junge Dame daran vorbeigegangen wäre. Ich kann auch nicht singen, aber so nicht singen kann ich nicht.

1. 12.

Advent, Advent, die Wohnung brennt. Nicht bei mir. Aber die Experten warnen schon jetzt vor erhöhter Brandgefahr. In dem Fall empfehle ich einfach den übermäßigen Genuss von Glühwein oder Punsch ein wenig einzuschränken. Irgendwie versuche ich mir gerade vorzustellen, wie das sein soll, wenn die Fußball-WM 2022 in Qatar tatsächlich vor Weihnachten stattfinden sollte. Was ich mir allerdings beim besten Willen nicht auszumalen wage. Allein die Schlachtgesänge. Öffentliches Fußballschauen auf dem Adventmarkt. Nein, nein, dann schon lieber ein kleines Feuerchen im Wohnbereich.

Bekleidungsdistributionsexpertinnen


4. 12.

Manchmal bin ich überfordert. Von den vielen TV-Kanälen, die mich per Sat-Schüssel erreichen. Ich schalte ein wenig herum und konsumiere unter anderem chinesisches CNN. Sehl, sehl lustig. Aber was sieht mein trübes Auge da? Eine Ansammlung von Bekleidungsdistributionsexpertinnen, die in vermeintlich feinem Zwirn über einen Laufsteg taumeln. Wenn man den Ton zu laut aufdreht, hört man auch ein beängstigendes Klappern. Mich interessiert so was eher weniger, weil diese Damen als Vorbild für junge Mädchen einfach nicht dienen sollten. Die Welt würde ohne Models ganz sicher nicht untergehen. Und wer will schon viel verdienen, wenn er/sie das Geld dann gar nicht für gepflegtes Essen und Trinken ausgeben darf? Glaubwürdig erscheinenden Gerüchten zufolge darf zum Beispiel Heidi Klum nur ein von ihrer persönlichen Assistentin gepflücktes Salatblatt täglich zu sich nehmen. Natürlich ohne Dressing. Und merke, liebe Jugend! Nur wenige Models verdienen wirklich Geld, der große Rest findet sich leider sehr oft auf irgendwelchen Pornoseiten wieder. Oder als Unterwäsche-Model. Auch nicht viel erstrebenswerter.

6. 12.

Nikolausi oder Osterhasi? Schlag nach bei Gerhard Polt. Aber egal, ich wünsche Euch die schönsten Weihnachten und das beste neue Jahr, das unter diesen Umständen möglich ist. Und bitte nicht «Ihr Kinderlein kommet» singen, wenn ihr noch keinen Nachwuchs wollt.