Kein Termin bei Queen ElizabethDichter Innenteil

Illu: Carla Müller

Die Abenteuer des Herrn Hüseyin (45)

Herr Hüseyin hat nach zehn Jahren wieder mit seiner Freundin London besucht. Vor langer Zeit war er mit einer Ausstellung im österreichischen Kulturforum. Damals kannte er sich mit dieser Stadt London nicht aus. Dieses Mal hatte er mehrere Leute, die ihm ein wenig über London erzählen konnten. Aber es gelang dem Hüseyin nicht, diese Stadt zu genießen.

Illu: Carla Müller

Bei allem verglich er London mit Wien. Eine wunderschöne Stadt. Mit tollen Museen. Mit freiem Eintritt – außer für Sonderausstellungen. Tolle Architektur. Natürlich ist London auch viel größer als Wien. Ohne Vororte hat London über acht Millionen Einwohner. Es ist eine multikulturelle Stadt. Sie waren ja auch lange Zeit Kolonialisten. Erfahrungen mit anderen Kulturen haben diese Gentlemen schon. Viele ihrer ehemaligen Kolonien sind auf eine andere Art und Weise unter ihrer Kontrolle.

Herr Hüseyin wollte die Queen Elizabeth treffen. Er war sogar bis zum Buckingham Palace gekommen. Es war gegen Abend. Vor dem Palast wartete Herr Hüseyin mit vielen anderen. Nur in den unteren Stockwerken brannte das Licht. Am Tor zu klopfen war unsinnig. Weil die Bullen mit ihren M-Waffen ließen den Hüseyin überhaupt nicht bis zum Palasttor. Telefonisch konnte er die Queen auch um die Zeit nicht mehr erreichen, weil sie sehr früh schlafen geht. Herr Hüseyin wollte sich eigentlich mit ihr über die Rolle der Briten im Ersten Weltkrieg im Nahen Osten unterhalten. Mit Charles wollte sich unser Hüseyin nicht treffen, weil er vorher bei diesem Brunnen war, der zur Ehren Lady Dianas gebaut wurde. Dadurch war er selbst durcheinander.

Vor Hüseyin wollten andere Kurden ebenfalls die Elizabeth treffen. Aber ihnen gelang es auch nicht. Sogar der Emir (kurdischer Fürst aus Zimeq) konnte es nicht schaffen, einen Termin bei der Elizabeth zu bekommen. Aber Hüseyin wollte trotzdem, wo er schon so in der Nähe von ihr war, seine Chance nützen. Leider sind die Englischkenntnisse vom Hüseyin nicht so gut, um diplomatische Gespräche führen zu können. Er wollte ihr eigentlich sagen: «Ihr und die Franzosen, Ihr habt unser Land in vier Teilen aufgeteilt, ohne die Folgen überlegt zu haben. Die Grenzen habt Ihr sogar durch die Dörfer gezogen. Die Familien habt Ihr auseinander dividiert. Die Familien, die durch die Grenze zwischen der Türkei und Syrien getrennt waren, durften sich nur an bestimmten Feiertagen den Zäunen nähern, um die kurdischen Familienmitglieder auf der anderen Seite sehen zu dürfen! Das ist keine menschliche und Ihnen würdige Position.» Herr Hüseyin wollte ihr vieles sagen. Aber sie war nicht mehr auffindbar.

Die Verkehrsnetze sind im Vergleich zu Wien sehr gut ausgebaut. Die Metrostationen sind bei weitem nicht so schön wie in Wien. Von einer zur nächsten muss man ganz enge Schächte passieren. Es ist auch sehr eng in den U-Bahnen. In Wien kann man, wenn man eine Jahreskarte hat, pro Tag um einen Euro den ganzen Tag alle Verkehrsnetze verwenden. In London ist es nicht so. Auch, wenn man nur eine Station fährt, muss man blechen. Hüseyin hatte nach drei Tagen genug von London. Schön ist es, in London gewesen zu sein und die Stadt sich anschauen zu dürfen. Aber das war’s!

In der Türkei waren am 1. November vorgezogene Nationalratswahlen. Siehe da, die meisten Austrotürken haben mit 69 Prozent die AKP gewählt. Anscheinend gefällt unser System hier in Österreich den Herren nicht so, dass sie in ihrer Heimat eine Partei wählen, die immer mehr mit Scharia die Türkei regieren will. Herr Hüseyin versteht seine Landsleute nicht mehr.