LachenDichter Innenteil

Es war ein trüber, nasser Wintertag. Der Schnee lag in großen Haufen aufeinandergetürmt, und auf den Straßen hatte sich gefährlich glattes Eis gebildet.

Ich musste meinen Sohn, gerade mal 15 Monate alt, vom Kindergarten abholen. Es war nicht einfach, ihn wegzugeben, aber meine Frau ist berufstätig, und ich verbringe viel Zeit im Ausland. Wir hatten keine Wahl. Aber er hatte sich zum Glück schnell daran gewöhnt und weinte nicht mehr, wenn wir ihn hinbrachten.

Den Kinderwagen konnte ich durch die Schneehaufen nicht hindurchmanövrieren, und so blieb mir nichts anderes übrig, als ihn im Arm zu tragen. Das war doppelt bedenklich. Erstens fühlte ich mich körperlich schwach. Es war nichts Schlimmes. Ich hatte nur Angst und machte mir Sorgen über die Zukunft. Wie Milliarden anderer Menschen auch. Es war kein konkreter Anlass, nur die immer wiederkehrende Frage: «Was tue ich, wenn …?», und es gab so viele möglichen Szenarien, die meisten davon höchst beängstigend.

Und da war noch das Eis. An manchen Stellen war es blitzblank, und selbst wenn ich wusste, dass ich auf eine Eisplatte trat, rutschte ich immer wieder aus. Und das mit einem ganz schön schweren Kleinkind im Arm.

Im Gegensatz zu mir amüsierte sich mein Sohn prächtig. Jedes Mal wenn ich ausrutschte, lachte er laut auf. Ich dachte mir: «Du kleiner Depp, du kannst gut lachen. Du hast keine Ahnung von den Bedrohungen und Problemen, die an jeder Ecke lauern. Wir laufen hier gerade Gefahr, uns den Hals zu brechen, so viele Rechnungen müssen noch bezahlt werden, und du findest das lustig?»

Er fand es zum Schreien lustig. Ich rutschte noch einmal aus, und er lachte wieder fröhlich auf. Ich beneidete ihn um seine Sorglosigkeit. Und dann kam mir ein zunächst absurd scheinender Gedanke: «Was hält mich davon ab, genauso zu reagieren?»

Gar nichts. Zukünftige Arbeitslosigkeit, schwere Krankheiten und Geldprobleme konnte ich in diesem Augenblick sicher nicht verhindern. Und die Tatsache, dass ich in düsteren Gedanken versunken bin, macht meinen Schritt auf keinen Fall sicherer. Klar, es war nicht ganz ungefährlich, mit meiner teuren Last den Weg entlangzuschlittern, aber machte ich die Situation wirklich besser, indem ich hier verkrampft und verängstigt herumstelzte?

Und wieder rutschte ich aus. Dieses Mal lachten wir beide. Ich umarmte ihn fester, küsste ihn, und aus dem Rest des Weges machten wir ein Spiel. Sobald ich festen Boden unter den Schuhen hatte, trat ich fest und entschlossen auf, den Rest rutschten wir. Ich neckte ihn sogar und sagte: «Schau, schau, gleich rutschen wir wieder aus!» Er lachte und jauchzte aus ganzem Herzen. Es war eine Freude.

Unverantwortlich!, wird jetzt jemand sagen. Vielleicht, aber als ich verängstigt und unsicher Schritt für Schritt setzte, war das Ergebnis nicht viel besser, eher schlechter. Außerdem war ich in dem Fall ein Opfer der widrigen Umstände. Wer lacht, kann nie und nimmer ein Opfer sein, sondern ist Herr seines eigenen Schicksals. Wie auch immer dieses ausschaut.

Welchen Grund haben Sie zu lachen? Jeden. Egal, wie es Ihnen geht und in welcher Situation Sie sich befinden. Vielleicht wird Ihnen das Lachen zunächst schwer fallen und im Hals stecken bleiben. Versuchen Sie es trotzdem. Ziehen Sie die Gesichtsmuskeln auseinander und stoßen Sie ein lautes «Ha ha» heraus. Vielleicht wird Ihnen dann tatsächlich zum Lachen zumute, und Sie finden ihre eigene Situation nicht mehr so tragisch.

Kann sein, dass man Sie dann für verrückt und unverantwortlich halten wird, so wie mich damals auf den Eisplatten.

Ist das so wichtig? Wenn ich mir so anschaue, welche wahnwitzigen Auswüchse die sogenannte «Vernunft» auf dieser Welt produziert, dann lasse ich mich gerne zu den wahrhaftig Verrückten zählen.

Goldrausch