Rapid-Fan im FeindeslandDichter Innenteil

Ein Vormittag in Favoriten

Ich fahre zur Massage ins Amalienbad. Eva salbt mit Öl meinen Rücken. Vom Haaransatz bis zum Popo fühle ich mich immer wohler. Fango und Strom beenden die «Tortur». Ich ziehe mich an und setze mein Rapid-Kapperl auf und schlinge meinen Rapid-Schal um den Hals. Ich verabschiede mich von Eva mit Trinkgeld.Ich traue mich, durch das violette Favoriten zu ziehen. Die FC Austrianer_innen schauen mich teilweise erschreckt an. Sie pöbeln aber nicht.

Ich gehe Richtung Viktor-Adler-Markt. Zuerst plündere ich mein Sparbuch.

Gegenüber beginnt der Bauernmarkt: «Büschel Petersilie ein Euro!» – «Zwei Kisterln Erdbeeren zwei Euro!» – «Ein Kilo Paradeiser vier Euro!» rufen lautstark die Marktfrauen. Ich kaufe die drei Angebote und betrete das Marktkaffeehaus «Leibnitz»: Es empfängt mich ein holzgetäfeltes Lokal mit einem Vierteltrinker an der Schank und einem sehr freundlichen Cafetier: «Was darf`s sein?» – «Einen Häferlkaffee bitte!» – «Kommt gleich!» Er bringt nach kurzer Zeit das heiße Getränk. Ich verlange ein Kipferl dazu. Der Wirt: «Habe ich zurzeit keines, aber ich kann es Ihnen sofort frisch und knusprig vom Bäcker bringen!» Er serviert mir bald eine Brioche und bemerkt: «Der Kaffee wurde auf dem Markt speziell getrocknet!»

Der Cafetier outet sich als Rapid-Fan und Mitglied seit 1979! Meine Frage: «Wieviel Mitgliedsbeitrag im Jahr?» – «A Hunderta, den schenk I Ihna!!!» – Ich habe mit dem Vierterltrinker über zwei Tische hinweg zugeprostet, nachdem er mir den edlen Tropfen empfahl: «Der is guat!» Er trinkt mit einem Schluck ex. – Rapidler-Wirt: «Die 6.000 Austria-Fans im 10. Hieb kann man zählen!»

Es kommt ein junges Paar. Sie hat lange dunkle Haare als Schwanz gebunden. Sie stützt mit ihrem Ellenbogen den Arm auf dem Tisch ab und hält ein Zigarettl nach oben gerichtet. Beide stoßen an mit einem Schnapsflascherl, dass es kurz kracht! – Mein inzwischen liebgewonnener Achterltrinker verlässt das Lokal mit sehr freundlichem Lächeln und Gruß. Die Schwarzhaarige streicht sich übers Kopfhaar: «Aufatmen! Aufatmen! Nach der OP! Wissen oder merken, ob es gut geht!?!»

Eine blonde Schülerin betritt das holzgetäfelte Café, geht aufs WC und kommt zurück. Die Ellenbogenfrau fragt: «Nicht in der Schule?» – Das fesche Teeniemädchen stellt sich dazu: «Muss beim Markt aushelfen!»

Ich verlasse das gemütliche und interessante Marktbeisl und gehe auf den Viktor-Adler-Markt. Bei meinem Gang durch die Standerl auf einer Suche nach einem Paar Würstel begegne ich einer kleinen Horde Austria-Fans, die mich erstaunt anschauen: «Du wagst Dich mit deinem Rapid-Kapperl daher?» – «Warum nicht?» antworte ich und gehe weiter. Da winkt mich der Standler von den Violetten zurück und outet sich als Rapid-Fan. Er spendet mir das ersehnte Würstel. So endet mein Spaziergang durch Favoriten.