Unser gemeinsam entwickeltes MärchenDichter Innenteil

Es war einmal … und genauso fängt auch unser Märchen an.

Es war einmal, in einem großen Wald. Die Morgenluft ließ den Frühling verspüren. Überall konnte man den Duft von Waldmeister und Leberblümchen riechen.

Ein Fuchs war es, der, auf der Suche nach Beute, sich langsam und vorsichtig durch das Unterholz bewegte. Auch eine dunkel gekleidete menschliche Gestalt konnte man erkennen, einen Wilderer, und auch er war auf der Jagd, nach einem Beutetier.

Musik war zu vernehmen, aus der Ferne leise Melodien, auf einem Klavier gespielt.

Ein Haus ward sichtbar, an einem offenen Fenster stand und blickte hinaus, ein wunderschönes Mädchen in einem Ballkleid. Eine Abendtasche in einer Hand haltend und in der anderen, einen Fliederzweig. Nur ungenau konnte sie den Mann wahrnehmen. Und sie überlegte, bemühte sich, ihre Gedanken zu ordnen: War er auf der Suche nach einem wilden Tier oder sucht er mich, das junge Mädchen?

Sie begann zu singen, zuerst nur zaghaft und der Klang ihrer Stimme verschmolz mit der Melodie des Klaviers.

Der Wilderer, er hörte diese Stimme, entdeckte aber in diesem selben Augenblick auch die Fuchsspur, auf dem Waldboden. Er entschied sich zum Weitersuchen und tauchte unter, im Gezweig der Bäume.

Das Mädchen, noch immer am Fenster stehend, konnte dies alles nur undeutlich erkennen. Doch plötzlich wurde sie aus ihren Gedanken gerissen. Eine Hand zog sie, unsanft zurück. Es war ihr Vater, der ihren Arm grob umfasste und sie ins Zimmer zerrte.

Heftige Vorwürfe machte er ihr, dass sie auch heute wieder so spät zurück ins Haus gekommen sei. Er mache sich Sorgen und er warte hier, alleine, auf ihre Rückkehr. Er sei ihr Vater und sie, sie gehorche ihm nicht.

Das junge Mädchen kannte all die Vorhaltungen, immer und immer wieder musste sie sich diese, in den vergangenen Zeiten, anhören.

Ich bin alt genug, habe gewartet und versucht, deine Wünsche zu erfüllen. Doch jetzt ist es vorbei, ich will hinaus, suche den Wilderer, der dort draußen im Wald auf mich wartet. Ich weiß es.

Sie ging in ihr Zimmer, versperrte die Türe und begann, ihre Kleidung zu wechseln. Rasch und gefasst legte sie die Dinge zusammen, die sie mitnehmen wollte.

Die Haustüre fiel hinter ihr zu. Auf dem Gesicht des Vaters aber zeigte sich keine Regung.

Die milden Lichtstrahlen der langsam untergehenden Sonne mahnten, bald einen Rastplatz zu finden.

Das junge Mädchen war den ganzen Tag unterwegs gewesen, nun hatte sie eine kleine Schutzhütte entdeckt und davor eine sprudelnde Quelle. Müde und aufgewühlt von vielen Gedanken, die ihr in der vergangenen Zeit gekommen waren, suchte sie sich einen Ruheplatz. Trotz mancher Gewissensfragen, wusste sie: Wie ich mich entschieden habe, so ist es richtig.

Mit diesen Gedanken schlief sie ein. Und sie träumte.

Große blitzende Augen, Fuchsaugen waren es und eine Stimme sprach zu ihr: Klug war es von dir, was du getan hast. Folge deiner Spur.

Durch gewaltige Donnerschläge erwachte sie und eine tiefe Dunkelheit umgab sie, die nur von Blitzstrahlen erhellt wurde. Das junge Mädchen, es lief, lief weiter, denn sie glaubte an das, was die Stimme des Fuchses zu ihr gesprochen hatte. Irgendwann hatten ihre Füße nicht mehr die Kraft, sie weiter und tiefer in den Wald zu tragen. Im Hinfallen glaubte sie noch, die raschen Bewegungen eines Tieres wahrzunehmen. Ihr Traum sie war sicher, es ist ein Wahrtraum gewesen.

Auch jetzt, im Aufwachen konnte sie dumpfe Schläge hören, die lauter und heftiger wurden. Es wurde an die Eingangstüre ihres Hauses geklopft. Als sie ihre Augen öffnete, da erblickte sie das Gesicht des Wilderers. Er war es, den sie gesucht und gesehen hatte, im gleichen Augenblick erkannte sie ihn in ihrem Herzen. Er hatte sie draußen gefunden und hierher gebracht.

Die Türe wurde geöffnet, voller Erstaunen erblickte der Vater seine Tochter und den Mann, der sie auf seinen Armen trug. So kehrten beide, in sein Haus zurück.

Dort lebten sie glücklich eine lange Zeit.

Info:

Im Rahmen des Projekts MÄRCHENWELTEN MENSCHENLEBEN (koordiniert von Prof. Frank Michael Weber) haben PatientInnen vom Pavillon 8 des GZW (früher Lainz) in einem Märchenworkshop gemeinsam dieses Märchen geschrieben.

Folgende Personen sind die KoautoInnen:

Susanne BERGER

Emma BRAZDA

Maria FRÖHLICH

Johannes HAASE

Elfriede KACER

Dr. Ellinor MACEK

Maria WESTERMAYER

und Frau RADMILA