Danke Sepp!tun & lassen

Hypo Alpe Adria, Josef Pröll, Raiffeisen und die Steuerzahler

Über Nacht wurde die von den blau-braunen Kärntner Politikern an die Wand gefahrene Hypo Alpe Adria verstaatlicht. Für die österreichischen Steuerzahler_innen kein Gewinn, vielmehr ein Mühlstein am Hals. Für die Raiffeisengruppe und andere Banken hat der damalige Finanzminister Josef Pröll (ÖVP-Bauernbund) segensreich gewirkt: Das Giebelkreuz wurde von Haftungszahlungen verschont. Heute werkt Josef Pröll im Raiffeisenreich.Eigentlich der Plot für absurdes Theater: Eine Bank, im Eigentum eines Bundeslandes, wird zum Bankomaten für einen durchgeknallten Landeshauptmann umgebaut, dann an eine damals im Landeseigentum stehende bayrische Bank verkauft und schließlich, als die Miesen nicht mehr beherrschbar waren, von der Republik Österreich, das heißt von den Steuerzahler_innen, unfreiwillig übernommen.

Raiffeisen darf sich bei Josef Pröll, vormals ÖVP-Obmann, Vizekanzler und Bundesminister für Finanzen herzlichst bedanken: Im Dezember 2009 drohte dem stillen Riesen Ungemach. Die Frage war zu klären, ob die Hypo Alpe Adria mit Hauptsitz in Klagenfurt und Geschäften vornehmlich in Südosteuropa, aber auch an anderen Orten der Welt, in eine Insolvenz befördert oder getreu nach dem Motto «Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren» dem Steuerzahler überantwortet wird. «Systemrelevant» war das Schlagwort. Damit sollte für die These Propaganda gemacht werden, dass ein Konkursverfahren den Zusammenbruch der österreichischen Bankenlandschaft bedeutet und der Staat auch im Interesse der Sparbuchbesitzer_innen einzuspringen habe.

Raiffeisen konnte sich auf Sepp Pröll verlassen. Denn beim Gerede um die Systemrelevanz und über die drohende Insolvenz wurde tunlichst nicht dazugesagt, dass im Insolvenzfall auch die Raiffeisengruppe zum Handkuss gekommen wäre. Und zwar gleich doppelt: Zunächst wäre der Hypo-Bankensektor im Rahmen einer sektoralen Haftung zu Zahlungen herangezogen worden. Und hier lohnt ein Blick auf die Eigentümerstruktur der österreichischen Landeshypothekenanstalten: Da wäre beispielsweise die Oberösterreichische Landesbank AG. Eigentümer sind nicht nur die Oberösterreicher_innen, sondern auch die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich: 38,57 % beträgt die Beteiligung (durchgerechnet). Auch die Oberösterreichische Versicherung – mit Raiffeisenkonnex – hält 6,98 %. Oder die Salzburger Landeshypothekenbank AG. Auch hier haben sich die oberösterreichischen Raiffeisianer durch die RLB Oberösterreich mit 64 % der Anteile eingekauft. Wiederum ist die Oberösterreichische Versicherungs AG mit von der Partie, sie hält rund neun Prozent der Anteile.

Auch in Graz hätte es etwas zum Zahlen gegeben: Die steirische Landeshypothekenbank Steiermark AG befindet sich zu rund drei Viertel im Besitz der Raiffeisenlandesbank Steiermark.

Die Besitzverhältnisse im österreichischen Hypothekenbankensektor zeigen, dass Raiffeisen ein massives Interesse daran hatte, dass es zu keiner Insolvenz gekommen ist und für den genannte Sektor Haftungszahlungen vermieden werden.

Die sektoralen Haftungen wären aber nicht das einzige Problem der Raiffeisenbankengruppe gewesen, denn die Gruppe wäre auch zu Assistenzleistungen herangezogen worden, die sie als Mitglied eines Haftungsverbundes aller Banken hätte hinlegen müssen.

Auffallend, aber nicht verwunderlich: Die Rolle von Raiffeisen bei der «Notverstaatlichung» wird in österreichischen Medien nicht diskutiert. Beispielsweise die «Neue Kronen Zeitung»: Analog zu Strache und Stronach wird zwar ein wenig über Raiffeisen herumgemotzt, aber immer heiß darauf mit Raiffeiseninseraten, die auch tatsächlich in der «Krone» erscheinen, Geld zu verdienen, werden relevante und wesentliche Kritikpunkte ausgespart.

Bei der Hypo in Klagenfurt tummeln sich inzwischen im Aufsichtsrat ansonsten pensionierte Raiffeisengrößen: neben Klaus Liebscher werkt neuerdings Ludwig Scharinger an der Prosperität des Instituts.

Für den Raiffeisen-/Landwirtschaftskammer-/ÖVP-Bauernbundfunktionär Josef Pröll waren die Verhandlungen um die Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria eine günstige Gelegenheit, seinen Jagdkumpanen (Landesjägermeister NÖ in Nachfolge von Christian Konrad) zu zeigen, wie agiert wird, wenn es darauf ankommt. Die Freunde haben gesehen und nicht vergessen. Als Pröll im Frühjahr 2011 vom Amt des Finanzministers zurücktrat, wurde er flugs CEO der Leipnik-Lundenburger Invest Beteiligungs AG (kurz LLI). Die Chefpositition bei LLI ist einer der begehrtesten Posten im Raiffeisenreich und wird nur an besonders geeichte Aspiranten vergeben.

Betreffend Verstaatlichung der Hypo in Klagenfurt gibt es allerdings eine weitere These, die teilweise der These vom «Raiffeisenschutz» widerspricht: Als die Verhandlungen mit den Bayern als damalige Eigentümer der Hypo liefen, war nicht klar, ob die Bayern die Bank tatsächlich in die Insolvenz schicken würden oder nicht. Die Bayern LB hätte da durchaus einiges an Reputation verlieren können. Stellt sich die Frage, ob Josef Pröll, die Republik Österreich, oder wer der Involvierten auch immer, erpressbar waren, so und nicht anders zu agieren, auf jeden Fall zum größtmöglichen Nachteil für die Steuerzahler_innen der Republik Österreich. Oder, noch schlimmer, es stimmen beide Thesen?

Und: Wie lange lassen uns eigentlich die Regierungsparteien noch auf einen parlamentarischen U-Ausschuss warten?