Die Botschaft der brennenden Dienstautostun & lassen

Vor dem Ende der Spaziergänge in östlichen Landschaften

Der Expansion der Raiffeisenbank International (RBI) Richtung Ost- und Südosteuropa erwies sich als Spaziergang. Aus zwei Gründen. Erstens hatte das deutsche Bankenkapital, als der Eiserne Vorhang fiel, alle Hände voll damit zu tun, um seine Interessen in der Ex-DDR zu sichern und den – allerdings bald lahmenden – Aufschwung Ost zu finanzieren. Zweitens wurde der Geldausleger von Raiffeisen von Investoren (oder Hasardeuren) aller Art begleitet, die im Osten ihr Glück versuchten und gleichzeitig gute Bekannte des Genossenschaftskonglomerats waren.Bei der Vergabe von Krediten empfiehlt es sich, über die Bonität von Kunden genau Bescheid zu wissen. Es gehörte übrigens schon immer zu den Grundsätzen der Raiffeisenkassen, Darlehen nur an Personen zu vergeben, die man genau kannte und deren Projekte überschaubar waren. Auf Grund der ursprünglichen und in Österreich immer noch vorhandenen lokalen Verankerung der Raikas konnte das Prinzip «Kenne Deine Kunden!» schon immer groß geschrieben werden. Wollte ein Kleinbauer, der im Ort als Trinker bekannt war, die Kapazität seines Stalls in einem Schwung von 10 auf 100 Kühe erweitern, wurde ihm kein Kredit gewährt. Wohlbestallte Großagrarier hingegen bekamen – auch als Alkoholiker – keine derartigen Probleme.

Auf dem Weg in Richtung Ost- und Südosteuropa konnte die RBI sich über die Begleitung von potenziellen heimischen Investoren freuen. Das galt für Großbauern, die etwa im Baltikum Agrarflächen im vielfachen Ausmaß ihres hiesigen Grundbesitzes übernehmen wollten, ebenso wie für Großkonzerne, die von der Privatisierung von Staatskonzernen einen Schnitt erwarteten. Ohne das mit hundertprozentiger Genauigkeit beweisen zu können, dürfte der niederösterreichische Energiekonzern EVN sich bei der Übernahme der Stromversorgung im Süden Bulgariens (konkret im Verwaltungsbezirk Plowdiw) der Dienste der RBI bedient haben.

Die Lage in Bulgarien war in den jüngsten Kältemonaten gespannt, weil die Steigerung der Strompreise von der Bevölkerung nicht mehr geschultert werden konnte. Die Empörung der Menschen machte sich in Protesten Luft, in deren Verlauf auch EVN-Dienstfahrzeuge in Brand gesteckt wurden. «Der Standard» berichtete: «In Bulgarien sind die Proteste gegen hohe Stromrechnungen eskaliert. Betroffen davon ist auch die EVN, die fast zwei Millionen Bulgaren mit Energie versorgt. Bei der EVN spricht man von einem regelmäßig im Winter wiederkehrenden Phänomen.» Demnach haben die Niederösterreicher sich damit abgefunden, dass ihre Fahrzeuge regelmäßig abgefackelt werden. – Ein Preis, den profitable Investitionen erfordern?

Spaß bei Seite. An anderer Stelle hieß es in dem Blatt: «Sechs Jahre Flat-Tax, eine eiserne Sparpolitik, ganz der Denkschule von EZB und IWF folgend, und zwei Wirtschaftskrisen … haben die Einkommensschere in Bulgarien weiter geöffnet und weite Teile der Bevölkerung in Armut gelassen (besser: gerissen – Red.). Die Wut in der Öffentlichkeit richtet sich zunächst gegen die drei ausländischen Stromkonzerne, die sich den bulgarischen Markt teilen. EVN und die zwei tschechischen Stromversorger CEZ und Energo-Pro gelten in der Bevölkerung als Abzocker und Profiteure der fehlgeschlagenen Privatisierung. Die Stromkosten sind hoch im Vergleich zum monatlichen Einkommen, und doch wiederum um mindestens die Hälfte niedriger als in den reichen EU-Ländern – 8 Cent kostet im Durchschnitt die Kilowattstunde in Bulgarien, 8 Cent in Österreich, 27 in Deutschland.»

Die EVN, im bulgarischen Plowdiw stationiert, rechnete dem «Standard» vor, dass vom Strompreis lediglich 5,7 Prozent dem Unternehmen zugute kommen. Den Löwenanteil kassieren demnach der Staat über Steuern sowie die weiterhin staatlichen Kraftwerke und die Stromnetzbetreiber, obwohl lediglich EVN auf der Rechnung steht. Entweder haben die Niederösterreicher sich auf ein ganz schlechtes Geschäft eingelassen oder dem Blatt eine Bären aufgebunden.

Schon allein die repräsentative Flotte von Firmenautos – möglicherweise mit Hilfe von Raiffeisen Leasing beschafft – spricht dagegen, dass in Bulgarien für die EVN nichts zu holen war. Andernfalls müssten die Beschäftigten im Außendienst mit rostigen Fahrrädern statt mit flotten Boliden ausgestattet werden. Immerhin hat die EVN seit dem Einstieg in Bulgarien 190 Millionen Euro im Verwaltungsbezirk Plowdiw investiert. Diese Summe – möglicherweise mit Hilfe der RBI aufgestellt – muss sich zumindest zwischenzeitlich immer wieder einigermaßen gerechnet haben.

Die enge Verbindung der beiden Unternehmen spricht daraus, dass im EVN-Aufsichtsrat unter dem Vorsitz von Burkhard Hofer (Ex-Generaldirektor des Unternehmens) die Raiffeisen Holding Niederösterreich-Wien vertreten ist. Und zwar durch Michaela Steinhacker, einem Mitglied der Geschäftsführung, das demnächst einen neuen Posten im Immobilienbereich des Konzerns übernehmen soll.

Zumindest in guten Zeiten hat das Geschäftsmodell, das österreichische Konzerne in Ost- und Südosteuropa beflügelt hat und von ihnen weiter betrieben wird, gut funktioniert. Es scheint vom berühmten «Bamkraxler» abgekupfert, der früher als Kinderspielzeug auf Wiener Ostermärkten angeboten wurde. Einer hilft jeweils dem anderen eine Stufe höher zu klettern – bis eines Tages der Plafond erreicht ist. Ob dann der Absturz folgt?