Es gibt kein sanftes Mochovcetun & lassen

Hans-Dampf in allen (Energie-)Gassen - Aspekte der Raiffeisendominanz (Teil 13):

Namenswitze sind verboten, weil keiner etwas dafür kann, wie er heißt. Unabhängig davon lautet der wohl merkwürdigste Reim aus der Feder des Dramatikers Karl Schönherr («Der Weibsteufel») «Konridl-radl mit die dicken Wadl». Mit hundertprozentiger Sicherheit kann man davon ausgehen, dass Raiffeisengeneralanwalt Dr. Christian Konrad damit nicht gemeint war. Da diese Galionsfigur kraft ihrer Stellung für alle Konzernaktivitäten verantwortlich ist, agiert Konrad zumindest in Energiefragen als Hans-Dampf in allen Gassen.Es gehört zu den Gebräuchen der katholischen Kirche, die Wirklichkeit zu vernebeln. Bei Raiffeisen hat man diese weltanschaulich nahe liegende Strategie abgesehen von der Dreifaltigkeit von Genossenschaft, Landwirtschaftskammer und Bauernbund in praktische wirtschaftliche Vorteile umgemünzt. Das trifft insbesondere auf den Energiesektor zu. Dort macht sich nicht bloß Raiffeisen Leasing für die E-Mobilität stark; der gesamte Konzern versucht den Eindruck zu erwecken, auf Samtpfoten daherzukommen. Tatschlich wird kein Bereich der Energieproduktion ausgelassen und mag er noch so gefährlich sein.

Diese Seite der Konzernaktivitäten wird freilich nicht an die große Glocke gehängt. An die Öffentlichkeit tritt man lieber mit der Raiffeisen-Klimaschutz-Initiative (RKI), für die Ex-Landwirtschaftsminister und Ex-EU-Kommissar Franz Fischler als Vorsitzender gewonnen werden konnte. Anlässlich der Energiespartage sagte das Aushängeschild der RKI im Vorjahr: «Wir verbrauchen immer noch zu viel Energie und nutzen diese Energie nicht effizient genug. Energiesparen muss daher oberste Priorität im Kampf gegen den Klimawandel haben.»

Raiffeisengeneralanwalt Konrad schlug als Initiator der RKI bei dieser Gelegenheit in dieselbe Kerbe: «Mit bewusstem und energieeffizientem Handeln kann jeder Mensch nicht nur einen Beitrag für die Umwelt, das Klima und für die nachhaltige Energieversorgung leisten, sondern auch die eigene Geldbörse schonen. Wir wollen selbst mit gutem Beispiel vorangehen und unsere Kunden für das Energiesparen sensibilisieren. Wir sehen Klimaschutz nicht nur als Frage unserer unternehmerischen Verantwortung, sondern vor allem als Chance für unsere Wirtschaft.» In dem Zusammenhang wurde unterstrichen, dass diese gesamte Raiffeisenorganisation an den Zielen der RKI mitwirkt.

Beschluss aus dem Jahr 1986

Insbesondere angesichts der AKW-Katastrophe in Fukushima steht dazu in bizarrem Kontrast die Tatsache, dass der Konzern wesentlich weniger nachhaltige Geschäfte mit der Energieproduktion nicht auslässt. Vor mehr als einem Jahr ließ Greenpeace folgende Aussendung los:

Wie die Umweltschutzorganisation Greenpeace erfahren hat, erhielt die Strabag nun definitiv den Zuschlag für den Fertigbau des slowakischen Atomkraftwerkes Mochovce. «Für eine Handvoll Silberlinge verkauft Strabag-Chef Haselsteiner Österreichs Anti-Atompolitik», so die empörte Reaktion von Greenpeace-Sprecher Jurrien Westerhof. Einer Bekanntgabe des slowakischen Amtes für öffentliches Vergabewesen zufolge wird die Strabag für die Bauarbeiten an den Reaktorblöcken 3 und 4 des Kraftwerkes Mochovce knapp 88 Millionen Euro kassieren also ein relativ kleiner Auftrag für den heimischen Bauriesen, vergleichbar mit den Kosten von rund zehn Kilometern Autobahn.

Derzeit sind am AKW-Standort Mochovce zwei Reaktoren des Typs WWER 440-213 in Betrieb, einer veralteten sowjetischen Reaktorart aus den frühen 1970er-Jahren. Zwei weitere Reaktoren desselben Typs sollen jetzt neu gebaut werden, entgegen allen gängigen Sicherheitsnormen jedoch ohne Containment. «So würde bereits ein Flugzeugabsturz auf das Kraftwerk mit ziemlicher Sicherheit eine nukleare Katastrophe auslösen, und das gerade einmal 150 Kilometer von Wien entfernt», warnt Greenpeace-Experte Westerhof.

Zudem basiert die Entscheidung, das Atomkraftwerk Mochovce auszubauen, auf einem Beschluss der tschechoslowakischen Regierung aus dem Jahr 1986. Alle Sicherheitsbescheide und technischen Genehmigungen stammen noch aus dieser Zeit. Die aktuelle slowakische Regierung und die italienische ENEL halten allerdings an den Beschlüssen fest, nachdem eine Umweltverträglichkeitsprüfung auf sehr mangelhafte Weise durchgeführt wurde: So hat man beispielsweise überhaupt keine Alternativen in Betracht gezogen und damit die Entscheidung, das Kraftwerk auszubauen, eigentlich bereits antizipiert. Dagegen zieht Greenpeace nun rechtliche Schritte in Erwägung. Und nicht zuletzt ist auch für den Atommüll keine andere «Lösung» in Sicht, als ihn am Kraftwerksgelände selbst zu lagern.

Was hat Raiffeisen damit zu tun, könnte man fragen. Die Antwort liegt insofern auf der Hand, als der Konzern zusammen mit der ebenfalls Raiffeisen eigenen Uniqa Versicherung mit einem Aktienpaket der Strabag von insgesamt 43,3 Prozent der mit Abstand größte Einzelaktionär des Bauriesen verkörpert und in dieser Frage bisher die Hände in den Schoß legt. Greenpeace-Energiesprecher Westerhof befürchtet einen Dammbruch, «wenn die Strabag mit der Raiffeisengruppe im Rücken ein Atomkraftwerk zu bauen beginnt.» Dadurch würde nicht zuletzt die internationale Verhandlungsposition Österreich im jetzt besonders aktuellen Kampf gegen die Atomkraftnutzung unterminiert. Es wäre kaum eine Überraschung, wenn das Projekt zusätzlich Interessen der Raiffeisen Bank International berührt. Sie spielt in der Finanzierung von Großprojekten in Osteuropa eine führende Rolle.