«Kredithai» und andere Hässlichkeitentun & lassen

Raiffeisenaktivitäten bei den Nachbarn

Wenn Haus und Hof zwangsversteigert werden, gibt es Gewinner_innen und Verlierer_innen. Lief der Kredit bei einer Raiffeisenbank, muss nicht unbedingt die Bank auf der Gewinnerseite stehen. Ein Bankdirektor kann privat ertragreiche Geschäfte machen.Hypothekarkredite sind eine klare Sache: Der Kreditgeber kann seine Ansprüche im Grundbuch eintragen lassen – werden Kredit und vereinbarte Zinsen, im Verzugsfall vereinbarte Verzugszinsen nicht fristgerecht bezahlt, so kann der Kreditgeber im Worst Case bei Gericht eine Zwangsversteigerung veranlassen. Der Wert der Liegenschaft wird auf den aktuellen Preis geschätzt, und der Bestbieter hat die Möglichkeit, ein Schnäppchen zu seinem Eigentum zu machen. Geschieht täglich und ist Teil der bestehenden Wirtschaftsordnung. Einen Hautgout gewinnt eine derartige Transaktion, wenn ein Spielteilnehmer mehrere Rollen ausübt. Beispielsweise: Ein Direktor einer südsteirischen Raiffeisenbank vergibt via slowenischen Vermittler Hypothekardarlehen an slowenische Kunden. Gleichzeitig beteiligt sich der Bankdirektor privat an einer Immo-Firma, die genau dann zur Stelle ist, wenn ein Auktionator den letzten Akt einer Kredittragödie vollzieht: Die Immo-Firma des Bankdirektors, gesegnet mit besten Informationen, macht Gewinn, der marode Kreditnehmer hat sich von seiner Liegenschaft zu verabschieden.

Genau der oben geschilderte Vorfall ist Thema in Slowenien: Bank stellt Kredit fällig, es kommt zur Zwangsversteigerung und einziger Bieter, so schreiben slowenische Zeitungen, ist der Geschäftspartner des Direktors der kreditgebenden Bank. Im «Standard» sind Zitate eines involvierten Bankdirektors zu lesen, der offensichtlich zu viele Zynismusseminare gebucht und absolviert hat: Mit einem «Da kann ich nur lachen» werden Vorhaltungen quittiert, und sogleich gibt es Unterricht im kleinen Einmaleins des Bankgeschäfts: «Manche Kunden, egal ob in Slowenien oder in Österreich, wissen anscheinend nicht, dass ein Kredit kein Geschenk ist, sondern zurückgezahlt werden muss», gibt der Direktor im «Standard» zu Protokoll. Sachlich richtig – der Bankdirektor.

Die Causa lief etwa gleichzeitig mit einer Werbekampagne von Raiffeisen in Ungarn: In einem TV-Spot war ein junges Paar zu sehen, das sich in einer Bankfiliale um einen Kredit für eine Wohnungsanschaffung bemühte. Bestens auf das Kreditgespräch vorbereitet wollen die Kreditwerber der Bankmitarbeiterin Unterlagen über ihre Bonität überreichen. Die Werbegestalter lassen die Bankmitarbeiterin lediglich ein «Paperlapapp» sagen, und die Unterlagen werden nicht benötigt. Die Botschaft ist klar – den Kredit gibt es, Bonität kein Thema. Auf den ersten Anschein sind alle zufrieden: Die Kreditwerber bekommen die Kohle, die verkaufende Bankmitarbeiterin die Provision, die Bilanz der Bank freut sich über die Ausleihung, die in den Büchern als Forderung notiert ist.

Der Fall ist nicht ganz neu – aber heute brandaktuell, weil faule Kredite die gesamte Gruppe betreffen: Als der erwähnte Direktor sich ins Immo-Business in Slowenien stürzte, waren, laut «Standard», eine erkleckliche Anzahl von Krediten notleidend, und immer war die private Immo-Firma des Direktors der kreditgebenden Bank bei Versteigerungen mit von der Partie. Jetzt fallen in slowenischen Medien hässliche Worte wie «Kredithai», und Kreditnehmer beginnen sich gegen die, ihrer Ansicht nach, geschmalzenen Provisionen, die vom Kreditnehmer zu bezahlen sind, zu wehren. Dem Image der involvierten Bank nicht unbedingt zuträglich. Und immer öfter ist die Rede davon, dass Kredite an nicht kreditwürdige Darlehensnehmer vergeben wurden, die Tragödie vorprogrammiert war, jedoch – aus oben genannten Gründen – sehenden Auges in Kauf genommen wurde. Hier der guten Ordnung halber: Rechtlich war alles korrekt.

Es gibt einen weiteren Aspekt in der Angelegenheit: Was antwortet der oberste Raiffeisenchef einem Anteilseigner einer örtlichen Raiffeisenkassa, die derartige Geschäfte, auch zu Gunsten der privaten Geschäftsgebarung eines involvierten Direktors, tätigt, wenn der Genossenschafter und Anteilseigner fragt, was denn derartige Geschäfte mit dem ursprünglichen Förderungsauftrag der Genossenschaftsgruppe zu tun haben?