Leopold Ungar, schau herunter …tun & lassen

Etwas Sand im Getriebe der Raiffeisen-PR-Maschine

«Tue Gutes und Rede darüber» oder «Tue Gutes und schweige» beide PR-Strategien finden in der Raiffeisenwelt ihre Verwendung. Heute Raiffeisen-Watch über Widersprüchlichkeiten, wenn die Welt verbessert werden will.Eine Organisation wie die Raiffeisengruppe hält sich neben den zahlreichen Medienbeteiligungen eine gut geölte PR-Maschinerie, deren Zweck dem Betrachter nicht verborgen bleibt: gute Stimmung für Raiffeisen zu machen klassisches Lobbying ist nicht notwendig, dafür sind die Abgeordneten der «Raiffeisen-Partei» im Parlament und in den Landtagen zuständig.

Ein exemplarisches Beispiel ist der ORF-Report-Auftritt des scheidenden oberösterreichischen Raiffeisen-Bosses Ludwig Scharinger im November. Der Bankdirektor erzählt zuerst, dass er, offensichtlich mit seinem Einverständnis, im Land «König Ludwig» genannt werde. Dann teilt er mit, es gebe viele Menschen, die, wenn sie wirklich nicht mehr weiterwüssten, sich an ihn um Hilfe wendeten. Er, Scharinger, frage sich dann oft, was er denn mit diesen Menschen zu tun habe. Letztlich könne er jedoch keine Menschen leiden sehen, und meistens könne er helfen. Scharinger bemüht sich redlich, mildtätig in die Kamera zu schauen und seine Botschaft dem Volk nahezubringen, aber nur wenige Tage später unterminiert in Wien Scharingers Langzeitkonterpart innerhalb der Raiffeisengruppe, Generalanwalt Christian Konrad, die Intention des Oberöstereichers. Konrad kommt bei einem Vortrag in Wien (Augustin 310) auf das wohltätige Wirken der Raiffeisengruppe zu sprechen und betont, wie wichtig karitative Hilfe sei, es jedoch keine Notwendigkeit gebe, darüber zu sprechen. «Tue Gutes und schweige» wandelt er einen bekannten Spruch ab. Das wirkt natürlich sehr nobel und hat den Vorteil, Scharinger, ohne ihn beim Namen zu nennen, elegant eine Ohrfeige verpassen zu können.

Weniger erheiternd wirkt die Antwort auf die Frage, welche Strategie dahinter steckt, wenn Raiffeisen, konkret die Raiffeisen Landesbank Niederösterreich Wien, Geldgeber für einen Preis ist, dessen Träger eine Zielgruppe ist, die vorzüglich dazu geeignet ist, mitzuhelfen diese Welt zu ändern, und dies nicht unbedingt im Sinne der Raiffeisengruppe. Die Bank finanziert den «Prälat-Leopold-Ungar-Preis» der Caritas Wien, die genau sagt, wer mit diesem Preis ausgezeichnet werden soll: « werden herausragende journalistische Leistungen prämiert, die Toleranz und Verständnis im Umgang mit gesellschaftlichen Randgruppen fördern und sich mit sozialpolitischen Themen wie Armut, Obdachlosigkeit, Migration, Flucht, Alter, Krankheit oder Diskriminierung auseinandersetzen.

Ausgezeichnet werden JournalistInnen, die sich in und mit ihrer Arbeit couragiert gegen eigene und fremde Vorurteile wenden.» (www.caritas-wien.at)

Heuer kam bei der Preisverleihung Sand ins Getriebe der Raiffeisen-PR-Maschine. Die Jury erkor unter anderen die österreichische Filmemacherin Ulrike Gladik zur Preisträgerin. Frau Gladik wurde für ihren Text «Eine Mafia, die bettelt?», veröffentlicht auf der Website der BettelLobbyWien ausgezeichnet. Im Text geht es vor allem darum, wie bettelnde Rom_nia in Österreich als «Bettelmafia» denunziert und kriminalisiert werden, weiters um die Sinnlosigkeit von Bettelverboten, aber auch um die sozialen Hintergründe von Bettler_innen in ihren Heimatländern. Stichwörter: Diskriminierung, Segregation und Verfolgung. Die Autorin analysiert die Zusammenhänge zwischen Rassismus, Behinderung und Wohnungsverlust in den Herkunftsländern und dem Betteln in Wien. Also Themen, beispielsweise Immobilien, begehrtes Geschäftsfeld der österreichischen Raiffeisengruppe in den genannten Herkunftsländern der Bettler_innen, die auch von den Vorgaben der Vorstände und Aufsichtsräte in Wien bestimmt werden.

Ulrike Gladik konnte, weil beruflich verhindert, an der Preisverleihung persönlich nicht teilnehmen. Autor und Bettellobbyist Peter Krobath vertrat sie. Er würdigte die Engagements von Caritas und Jury und dann erlaubte sich Krobath das Unfassbare: Kritik am Preisgeldgeber Raiffeisen. Er argumentiert, die Raiffeisen International bettle beim Staat um Gelder für die Bankenrettung, dasselbe sei Bettlern in Wiens Straßen verboten. Krobath erwähnt die Berichterstattung über Bettler in österreichischen Medien und nennt die Dinge beim Namen: «rassistische Hetze». Der Zusammenhang Raiffeisen Medien ist bekannt. Krobath (mit einem Lächeln) weiter: «Dass Raiffeisen von der Milliardenhilfe, die wir (Steuerzahler, Anm.) für ihre Spekulationen und Wetten gezahlt haben, einen ganz kleinen Teil zurückgibt, finde ich in Ordnung.» RLB-NÖ-Wien Vorstand Kraft-Kinz hatte zuvor vom «Teilen» gesprochen, Krobath ermutigte den Banker: «Wie ich gehört habe, beginnt auch für Raiffeisen eine neue Zeit des Teilens. Da sind wir sehr neugierig. Wie wir wissen, braucht es gewisse Strukturen für das Teilen, und vielleicht sind wir als gesamte Gesellschaft gefordert, die Strukturen so zu verändern, damit Raiffeisen das tun kann, was Raiffeisen will: teilen.» Krobaths Worte verhalfen Raiffeisen Vorstand Kraft-Kinz zu einer Youtube-Verewigung mit dem Gesichtsausdruck des Leidens an einer mittelschweren Fischvergiftung.

Am Rande: Kurz nach der Preisverleihung wurde Ulrike Gladik von einem Raiffeisen-PR-Manager zu einem Gespräch gebeten. Klassischer Ablauf: Die Kritikerin wurde mit Lob überhäuft. Gladik: «Es war eine kräftige Umarmung.»