Unterschreiben für ein gutes Leben für alletun & lassen

Frauen*Volksbegehren 2.0

Fast 650.000 Menschen unterschrieben das Frauenvolksbegehren 1997. Bald soll es eine Neuauflage geben, für die Unterstützungserklärungen läuft derzeit die Frist. Worum es geht, weiß Veronika Reininger.

Foto: Frauenvolksbegehren

(Bildunterschrift: Schifteh Hashemi, Sozioökonomin und Sprecherin des Vereins Frauen*Volksbegehren 2.0)

Gerade ist wieder Wahl angesagt. Die Wahl, ob man unterstützt, was Frauen wollen. Denn vom 12. Februar bis zum 12. März können alle Wahlberechtigten österreichweit in allen Bezirks- und Gemeindeämtern, sowie auch bequem über das Internet, ihre Unterstützungserklärungen für das neue Frauenvolksbegehren abgeben. 8401 Unterschriften sind dafür notwendig, damit die Eintragungswoche voraussichtlich im Herbst starten kann.

Die Sozioökonomin Schifteh Hashemi ist 31 Jahre alt und arbeitet hauptberuflich bei arbeit plus – einem Netzwerk für Soziale Unternehmen und langzeitarbeitslose Beschäftigte. Schifteh Hashemi ist aber auch eine der zwei Sprecherinnen des Vereins Frauen*Volksbegehren 2.0 und vertritt in ihrer Funktion die Anliegen des Vereins in der Öffentlichkeit.

Neue Bewegung.

Die Idee für dieses zweite Frauenvolksbegehren wurde bereits im Jahr 2016 geboren, als Donald Trump mit seinen sexistischen Aussagen sich abfällig über Frauen äußerte und dennoch im selben Jahr zum neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt wurde. Das habe auch viele Frauen in der österreichischen Frauenbewegung unzufrieden gemacht, sagt Hashemi. Es war daher an der Zeit, die Geburtsstunde der neuen Initiative in Österreich einzuleiten. Durch Sorority, einer unabhängigen Plattform zur branchenübergreifenden Vernetzung und Förderung der Karriere von Frauen in Österreich, fanden viele der Initiatorinnen des Frauenvolksbegehrens zusammen. Sorority bietet allen jenen, die im Beruf und in ihrer Karriere feministisch denken und die Gleichstellung am Arbeitsmarkt vorantreiben wollen, ein wesentliches Fundament. Schifteh Hashemi ist eine der Mitgründerinnen des Vereins Frauen*Volksbegehren 2.0 und gemeinsam mit etwa fünfzehn Personen im Kernteam ehrenamtlich engagiert. Darüber hinaus gibt es österreichweit rund 300 aktive Mitstreiterinnen und Mitstreiter. Gemeinsam setzen sie sich für die neun frauenpolitischen Forderungen ein, um ein erfolgreiches Volksbegehren zu erzielen.

Die überparteiliche Initiative finanziert sich ausschließlich über Crowdfunding. Damit können bis zur Eintragungswoche auch eine kleine Büroräumlichkeit angemietet und eine bezahlte Projektleitung angestellt werden. Mit einer durchorganisierten Kampagne quer durch alle Bundesländer und auch mit Unterstützung von männlichen Aktivisten sowie Aktivist_innen aller Altersgruppen laufe nun die Erreichung des ersten Etappenziels, die 8401 Unterstützungserklärungen, sagt Schif­teh Hashemi. Später, in der Eintragungswoche des konkreten Volksbegehrens, müssen dann mindestens hunderttausend Menschen für die Forderungen – also für ein gutes Leben für alle – unterschreiben, damit die neun Forderungen im österreichischen Parlament behandelt werden können. Besonders erfreut wäre Hashemi auch darüber, wenn das von der österreichischen Ärztekammer initiierte Volksbegehren zum Schutz der Nichtraucher_innen in den Lokalen zur gleichen Zeit stattfinden könnte, weil damit noch mehr Menschen für beide Volksbegehren mobilisiert werden können.

Diskurs.

Aber nicht nur die hunderttausend Unterschriften sind für einen ersten Erfolg notwendig, sondern auch die vielen inhaltlichen Diskurse über die frauenpolitischen Forderungen seien wichtig, um vor und während der Eintragswoche so viele Menschen wie möglich zu erreichen und dazu zu bewegen, ihre Unterschrift darunter zu setzen. Die Initiator_innen planen somit auch Diskussionen mittels einer Kampagne in den Wirtshäusern zu führen. Vor allem in den ländlichen Lebensräumen sind Wirtshäuser, mit den klassischen Stammtischen der Männer, immer noch stark patriarchal geprägt. Mit dieser Kampagne könne ein geschlechtergerechter Zugang auch dort ermöglicht werden, damit können neue Räume für die inhaltlichen Debatten über feministische Anliegen eröffnet werden.

Die neun Forderungen umfassen ein breites Kontingent an Themen. Sie seien einerseits gute Forderungen, um in den frauenpolitischen Diskurs einzusteigen: Gewalt verhindern, Schutz von geflüchteten Frauen vor Menschenhandel und sexueller Gewalt, Armut bekämpfen und die Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern beseitigen etwa. Andererseits brauchen die Forderungen, besonders jene nach Teilung von Macht, auch an den Entscheidungstischen in Wirtschaft und Politik noch Raum für Diskussionen. In den ländlichen Gebieten bedürfe vielfach auch die Forderung, dass alle unabhängig und frei von Zwängen über ihre Körper und ihre Sexualität selbst bestimmen sollen, noch inhaltlicher Diskussionen und Informationen. Aber auch darüber, Arbeit neu zu verteilen mit einer Arbeitszeitverkürzung auf dreißig Stunden und Macht geschlechtergerecht aufzuteilen, müsse noch viel geredet werden, sagt Hashemi. Dennoch sieht die Sprecherin und stellvertretende Obfrau des neuen Frauenvolksbegehrens die neun Forderungen als eine gute Mischung an, um die frauenpolitischen Anliegen des Volksbegehrens ins Gespräch zu bringen und im besten Fall auch schrittweise umzusetzen.

Bezahlte Arbeit.

Während im Jahr 1997 das Recht auf Teilzeitarbeit für Frauen ein wesentlicher Punkt war, so verlangen die Initiator_innen des neuen Frauenvolksbegehrens heute, dass die Arbeitszeit schrittweise auf dreißig Stunden pro Woche grundsätzlich verkürzt werden muss. Auch die Arbeitsmarktpolitik könne nicht ohne Frauenpolitik funktionieren. Schließlich sei die bezahlte Erwerbsarbeit immer noch vorwiegend in Männerhand, während die ehrenamtliche, also unbezahlte Haus- und Sorgearbeit mehrheitlich, nämlich zu zwei Drittel, von Frauen gemacht werde. Die Arbeit müsse daher neu verteilt werden. Aber auch die kleinen und mittelständischen Unternehmen müssen staatlich gefördert werden, um mögliche Wettbewerbsnachteile auszugleichen. Die Inhalte des Volksbegehrens müssen also auch im Bereich des Arbeitsmarktes erfolgreich umgesetzt werden.

Jedoch ist das Frauenvolksbegehren auch die Summe aller Forderungen. So reiche es schon aus, wenn drei Forderungen zu unterstützen seien, um seine Unterschrift unter das gesamte Paket zu setzen und um das gesellschaftspolitische Anliegen des guten Lebens für alle zu ermöglichen, sagt Hashemi. Unterschiedliche Ansichten werde es immer geben, und die Vielfalt in der Gesellschaft ebenfalls, was auch gut sei.

Im Bereich des Sports gibt es ebenfalls immer noch das gleiche strukturelle Problem wie in Wirtschaft und Politik. Es werden die gleichen Asymmetrien angesprochen, wenn Männer mehrheitlich die Macht haben: Frauen werden erniedrigt und sind oft sexueller Gewalt oder sexuellen Belästigungen ausgesetzt. Daher müssen die Frauen aufzeigen, dass sie in allen Arbeits- und Lebensbereichen genauso viel mitsprechen und mitentscheiden wollen, um diese strukturellen Machtasymmetrien zu beseitigen. Die Forderungen nach Vielfalt leben und Macht teilen beinhalten also sowohl den wirtschaftlichen Bereich, die parlamentarischen Gremien, die Zahl der Bürgermeisterinnen, die derzeit immer noch nur sieben Prozent österreichweit ausmachen, als auch den Österreichischen Skiverband (ÖSV) und Fußballverband (ÖFB). Geschlechtergerechte Umverteilung ist angesagt. Die unterschiedlichen geschlechterspezifischen Einkommen gehören, wie im öffentlichen Dienst und in jedem Unternehmen, auch im ÖSV und im ÖFB beseitigt.

Mit der Forderung, Vielfalt zu leben, wollen die Initiator_innen auch geschlechtersensible, klischeefreie Berichte in Medien, Schulbüchern und in der Werbung mit einem Bonus der Presseförderung für alle Medien sowie einem Verbot von sexistischer Werbung fördern.

Hunderttausend.

Mindestens hunderttausend Unterschriften müssen erreicht werden, damit auch das Frauen*Volksbegehren 2.0 parlamentarisch im österreichischen Nationalrat behandelt wird. Die Forderungen müssen dann tatsächlich schrittweise umgesetzt werden, sagt Hashemi. Damit Frauen und Männer auf allen Ebenen endlich gleichgestellt leben können.