Verschiedene Gesichter, verschiedene Menschentun & lassen

Augustin-Verkäuferin Doris

Neben dem Augustinverkauf mache ich noch eine ehrenamtliche Tätigkeit: Ich kümmere mich um eine blinde Frau. Ich mache Hausarbeit und ich sorge für meine beiden Kinder. Den Augustin verkaufe ich seit 2010.

 

Foto: Lisa Bolyos

Mein Verkaufsplatz ist bei der U6 Währingerstraße. Es ist ein guter Platz, sehr belebt, und viele Menschen, die vorbeikommen, kaufen den Augustin.

Ich würde gerne mehr arbeiten. Hier ist es nicht leicht, eine Stelle zu bekommen, wenn du keine spezielle Ausbildung hast. Ich möchte gerne lernen, wie man ältere Menschen pflegt. Dazu möchte ich einen Kurs besuchen, und wenn ich das Zeugnis davon habe, kann ich zum Beispiel einen Job als Heimhilfe bekommen. Aber diesen Kurs kann ich derzeit nicht machen, er ist sehr kostspielig.

Ich komme aus Nigeria und bin hier als Flüchtling. Seit 2003 bin ich in Österreich, das sind jetzt 11 Jahre. Als ich herkam, suchte ich gleich um Asyl an, und ich warte noch immer auf den Bescheid.

Solange meine Kinder noch sehr klein waren, war ich damit beschäftigt, mich um sie zu kümmern, aber als sie in den Kindergarten kamen, beschloss ich, den Augustin zu verkaufen, denn wenn sie das Haus verlassen, habe ich nichts mehr zu tun. Statt den ganzen Tag nichts zu tun, ist es doch besser rauszugehen und den Augustin zu verkaufen. Einfach, um mich selbst zu beschäftigen. Und auch um Geld zu verdienen, um Dinge zu kaufen, die wir benötigen.

Manchmal lese ich den Augustin, und wenn ich etwas nicht verstehe, schaue ich im Wörterbuch nach. Mir gefällt die Zeitung wirklich gut. Es stehen nicht so derbe Storys drin. Viele Magazine haben so viele Beiträge über Verbrechen und ähnliches, nicht aber der Augustin, und das mag ich am meisten daran. Er ist eine ganz einzigartige Zeitung.

Vor einiger Zeit hieß es, der Augustin braucht Hilfe, sonst muss der Verein zusperren. Eine Dame meinte, sie möchte nicht, dass das Projekt aufhört, denn sie liest jedes Mal den Augustin und will ihn immer lesen. Sie ist eine besondere Kundin. Wenn ein neuer Augustin rauskommt, ist sie jedes Mal da, um einen zu kaufen.

Es gibt auch unfreundliche Leute. Wenn ich ihnen den neuen Augustin zeige, schreien sie bloß oder schauen auch nur böse und sagen nichts und gehen weg. Das ist die Normalität, jeden Tag. Nein, davon lasse ich mich nicht unterkriegen. Die Welt ist voller Schwierigkeiten, jeder hat Probleme. Du siehst verschiedene Gesichter, verschiedene Menschen.

Meine Wünsche für die Zukunft? Zuallererst möchte ich hier bleiben, denn meine Kinder sind hier geboren und gehen hier in die Schule. Ich würde gern arbeiten gehen. Als ich jünger war, wollte ich wirklich viel lernen, studieren, aber ich hatte nicht die Gelegenheit dazu. Deshalb möchte ich, dass meine Kinder viel lernen und auf die Universität gehen, damit sie eine gute Zukunft haben.