Der Fußballplatz als Wohnzimmervorstadt

Frauenmannschaft des KSC/FCB Donaustadt

Beim Stichwort Frauenfußball fallen uns als Erstes USC Landhaus und SV Neulengbach ein, jene beiden Vereine, die hierzulande schon am längsten dabei sind und den Meistertitel unter sich auszumachen pflegen. Die Frauenmannschaft des KSC/FCB Donaustadt besteht erst seit 2007, doch innerhalb kurzer Zeit hat sie schon Großes vollbracht.Samstagnachmittag auf dem Fußballplatz des KSC/FCB Donaustadt. Die (männliche) Kampfmannschaft hat ein Meisterschaftsspiel. Es ist wie auf allen Fußballplätzen der Vorstadt: Es gibt eine Tombola und es gibt einen Geschenkkorb in der Pause zu gewinnen. Und dann ist es doch auch etwas anders: Hier kann die Frau des Trainers nebenher neuste Tupperware auf einem der Biertische feilbieten. Und nach dem Spiel der (männlichen) Kampfmannschaft ist der Tag fußballerisch noch nicht vorüber, denn im Anschluss hat noch die Frauenmannschaft ihren Auftritt, zu vorgerückter Stunde, wenn der Abend sachte hereinbricht und das Flutlicht spätestens in der zweiten Halbzeit eingeschaltet werden muss.

Sicherlich, das hat etwas von Anhängsel, von zweitem Glied, von jener nicht ganz glücklichen Rolle, die etwa bei Konzerten auch Vorgruppen zu spielen haben. Aber immerhin: Der Donaustädter Klub ist einer der wenigen Fußballvereine in der Stadt, die den logistischen Aufwand nicht scheuen und sich eine eigene Frauenmannschaft leisten. Und nicht nur eine, dazu kommen eine Reservemannschaft, eine U-13- und eine U-15-Mannschaft.

Frauenfußball ist hierzulande vor allem mit den beiden Vereinen SV Neulengbach und USC Landhaus konnotiert, sie pflegen nicht nur die Meisterschaft unter sich auszumachen, sondern sind auch schon am längsten dabei. Die Donaustädter Frauenmannschaft existiert erst seit 2007. Am Anfang waren es acht Spielerinnen, heute sind es 60. Eine Steigerung innerhalb kurzer Zeit, von der Wirtschaftsunternehmen nur träumen können. Die Diözesanliga ließ die Mannschaft bald hinter sich und kickt nun in der Landesliga. Es ist das Werk vor allem einer Frau: Maria Lothka.

Über 15 Jahre war Lothka selber Fußballerin, sie stand im Tor von SV Neulengbach. Lange genug, um für immer vom Virus Fußball infiziert zu werden. Lothka musste sich die Fähigkeiten und Fertigkeiten als Torfrau selber aneignen, zu ihrer Zeit kannten die Frauenmannschaften noch keinen eigenen Torwart-Trainer. Ein Defizit, das sie im wahrsten Sinne schmerzlich zu spüren bekommen sollte. Da Lothka nie so etwas wie einen gezielten Aufbau erfuhr, da es niemanden gab, der sich allein auf sie konzentrierte, schlichen sich in ihre Arbeit zwischen den Pfosten abrupte Bewegungsabläufe ein, die sukzessive ihre Wirbelsäule schädigten, so sehr, dass sie heute öfters eine Halskrause tragen muss.

Vielleicht liegt in ihrer eigenen Verletzung der Grund dafür, dass sie bei ihren Spierlerinnen vor allem auf Disziplin Wert legt. Kein unfaires Spiel und kein böses Wort gegenüber dem Schiedsrichter! Der Donaustädter Verein musste schon für so manchen seiner männlichen Spieler in die Tasche greifen und Strafgeld bezahlen, weil er ausfälig gegen den Schiedsrichter geworden war, die Frauen haben sich diesbezüglich noch nichts zuschulden kommen lassen.

Das Training für Frauen unterscheide sich nicht grundsätzlich von dem für Männer, sagt Lothka. Fußballakademien für Frauen sind hierzulande im Gegensatz etwa zu Deutschland oder den skandinavischen Ländern noch ein Fremdwort, einen außergewöhnlichen Schritt stellt schon die Kooperation dar, die der Donaustädter Verein mit dem Gymnasium in der Polgarstraße eingegangen ist. Erklärte Zielsetzung: Förderung des Frauenfußballs.

Mit Gips zurück zum Fußballplatz

Sabi hat ein Bein im Gips. Auf Krücken gestützt, humpelt sie am Spielfeldrand. Wenige Stunden zuvor hatte sie sich die Verletzung zugezogen. Bei einem Corner war es passiert: Die Donaustädter Spielerin wollte ihn hereingeben, rutschte dabei unglücklich aus und verdrehte sich das Knie. Nun besteht der Verdacht auf Patellasehenabriss, was eine Pause von einem halben Jahr bedeuten würde. Vom Spital ist sie direkt auf den Fußballplatz zurückgefahren, zu ihren Mannschaftskolleginnen. Ist doch Ehrensache! Warum sie sich gerade für Fußball und nicht etwa für Turnen oder Schwimmen entschieden hat? «Fußball kann ich am besten», antwortet die 13-Jährige.

Melanie Klein ist 21 Jahre. Ein Linksfuß. Sie ist schnell, führt den Ball ganz eng am Fuß und hat einen satten Schuss. Ganz wie weiland Andi Herzog. Wäre sie ein Mann, würde ihr sicherlich eine große Karriere offen stehen. So aber muss sie selber Zeit und Geld in ihr Hobby investieren. Vier Mal in der Woche ist Training, vier Mal in der Woche fährt sie mit ihrem Auto von Simmering über die Südosttangente in die Donaustadt. Der Verein stellt die Leiberl, für Schuhe und Schienbeinschützer muss die gelernte Friseurin selber aufkommen.

Fußball ist ihr Leben, das weiß Melanie, seit sie sechs Jahre ist. Sie trat dem Kaiserebersdorfer Verein bei, wo sie zusammen mit Burschen in einer Mannschaft spielte, was in Österreich bis zur U-14-Mannschaft möglich ist. Einige Mädchen wählen diesen Weg, nur wenige können sich durchsetzen. Melanie konnte das, war zeitweise sogar Kapitän.

Ihre jüngste Mannschaftskollegin ist nun 14, ihre älteste 26. Die eine steht gerade am Beginn der Pubertät, die andere ist eine gestandene Frau. Die Mannschaft ist eine ungewöhnliche, man kann auch sagen: spannende Mischung. Und sie tritt in der Meisterschaft gegen Mannschaften an, von denen manche Spielerinnen vom Alter her ihre Mütter sein könnten.

Es ist ein sportlich wie auch sozial spannendes Projekt, dem Lothka nun schon seit vier Jahren in der Donaustadt vorsteht. Unterstützt wird sie dabei von ihrer Familie. Oder sagen wir es genauer, bringen wir die Sache auf den Punkt: Der Fußballplatz ist das Wohnzimmer der Familie Lothka. Hier kommt sie Tag für Tag zusammen. Lothkas Mann trainiert die Reservemannschaft, ihre Tochter die U-15- und ihr Sohn die U-13-Mannschaft. Für die Familie steht die Woche an sieben Tagen ganz im Zeichen des Fußballs. Mit ihrem Beruf als Sekretärin kann Lothka diese Tätigkeit gut vereinbaren, da sie ihre Arbeit jeden Morgen schon um 5.30 Uhr beginnt. So kann sie schon um 14 Uhr das Büro wieder verlassen in Richtung Fußballplatz.