«Der Markt ist längst gesättigt»vorstadt

Genau genommen schwächen Einkaufszentren die regionale Wirtschaft

Sie stamme aus einer Gegend, die schwer von Fachmarktzentren gezeichnet sei, erzählte Ulli Gladik im Augustin-Gespräch Karl Weidinger. Darin liege auch ihr Interesse, einen Film über Shopping Center zu drehen, begründet. «Global Shopping Village» ist 2014 in den heimischen Kinos angelaufen, tourt zurzeit erfolgreich durch Europa, und noch in diesem Jahr soll die Veröffentlichung auf DVD folgen.

Foto: Polyfilm, Hans Labler

Du kommst aus einer sogenannten Krisenregion. Da sollte man doch froh sein, dass dort – wie es so schön vonseiten der Wirtschaft heißt – Impulse geschaffen werden.

Ich stamme aus der Bezirkshauptstadt Murau und habe im Nachbarbezirk Murtal, in der Arena Fohnsdorf, dem größten Shoppingcenter der Obersteiermark, gedreht. Die Arena hat zirka 55.000 Quadratmeter Verkaufsfläche, was dazu führte, dass viele kleine Gewerbetreibende ihre Geschäfte zusperren mussten. Von Shoppingcenter-Entwicklern wird ja gerne ein hohes Steueraufkommen und die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen versprochen. Doch das muss man sich genau anschauen, denn die Ketten, die sich in Shoppingcentern niederlassen, haben ihre Firmensitze häufig im Ausland und meist auch eine viel geringere Personalintensität als Geschäfte im Stadtzentrum.

Würde man hier genau rechnen, wäre die Behauptung, dass ein Einkaufszentrum für eine Region förderlich sei, in vielen Fällen wohl nicht haltbar.

Du würdest dem Slogan ‹Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut› wohl nicht zustimmen?

Shoppingcenter-Betreiber argumentieren damit, dass sich der Handel gewandelt hätte. Der moderne Handel brauche diese Großflächen, um überhaupt existieren zu können, was bedeutet: In diesen riesigen Kisten werden Produkte mit möglichst geringem personellen und logistischen Aufwand billigst verkauft, damit möglichst viel Profit für den Handel bzw. Shoppingcenter-Betreiber herausschaut.

Es geht nicht um Wohltäterschaften, sondern einzig und allein darum, von woanders Kaufkraft abzusaugen.

Es geht sogar darüber hinaus. Man baut mittlerweile Shoppingcenter in Gegenden, wo längst genug angeboten wird. Shoppingcenter versuchen einander in puncto Modernität und Attraktivität zu übertrumpfen. Abgesehen davon handelt es sich auch hier um einen Immobiliensektor, wo Geld angelegt wird. Wir wissen, es liegt sehr viel Geld in den Händen von wenigen Menschen, die dieses Geld gewinnbringend veranlagen wollen. Und Shoppingcenter gelten als gewinnbringend. Jahrelang hat man in Osteuropa auf Shoppingcenter gesetzt, weil dort die Wirtschaftszahlen so gut gewesen sind, doch wurden viel zu viele gebaut und die Blase platzte. Daher konzentriert man sich wieder auf Kernländer wie Österreich oder Deutschland, weil in diesen Ländern die Kaufkraft noch relativ hoch ist, obwohl der Markt längst gesättigt ist. Es kommt also auch bei uns zu einer Blasenbildung. Gerade in Österreich beträgt die Verkaufsfläche pro Kopf 1,9 Quadratmeter; Österreich liegt damit im europäischen Spitzenfeld.

Ich habe mir bei der Eröffnung der Gasometer erlaubt zu sagen, das sieht jetzt schon aus wie ein Slum.

Du hast mit deiner Vorahnung ziemlich Recht gehabt. Wenn man heute durch die Gasometer geht, sieht man, dass sie relativ leer sind.

Es gibt schon viele leer stehende Fachmarktflächen an den Rändern von Bezirkshauptstädten und eine Shopping Mall, die komplett leer steht, nämlich südlich von Linz, in Leonding, die UNO-Shopping. Eine Gruppe von Studenten der Kunstuni Linz hat sich viele Gedanken gemacht, was daraus entstehen könnte, doch leider gehört es einer Bank, und die möchte es zur Smart City Leonding umwandeln – halb Shoppingcenter, halb Outletcenter, das sollte wohl auch das Smarte daran sein. Doch ich bezweifle, dass diese Pläne je umgesetzt werden, vor allem auch deswegen, weil in nächster Nähe das Center PlusCity gerade ausgebaut wird.

Diese Räume müssten als konsumfreie Zone rückerobert werden.

Ich bin gerade in Ottensheim (Marktgemeinde in Oberösterreich mit rund 5000 Einwohner_innen, Anm.) gewesen, wo aus dem alten Amtshaus am Hauptplatz ein konsumfreier Raum gemacht wurde. Zahlreiche Initiativen – ein Kost-nix-Laden, ein Fahrradreparatur-Café, Yogagruppen, ein Freies Radio, nützen diese Räume. Ich konnte selbst sehen, wie verschiedenste Bevölkerungsgruppen – von Jung bis Alt – dort zusammenkommen. Die Betriebs- und Heizkosten werden weiterhin von der Marktgemeinde beglichen, aber verwaltet wird es von den Gruppen.

Das wäre auch die Chance für nicht mehr benützte Häuser oder Verkaufslokale in Altstädten, sie konsumfrei zu nutzen.

(Transkription: Reinhold Schachner)

Info:

Die Website zum Film: www.globalshoppingvillage.at

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