Gassen als Spielstättenvorstadt

Mit «den Augen eines Fotografen» in Diyarbakır

Diyarbakır gilt als kurdisches Zentrum der Südosttürkei. Vor rund einem Jahr brachen dort schwere, mehrere Monate andauernde Kämpfe zwischen türkischen Sicherheitskräften und der Jugendorganisation der PKK aus. Nach den bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen wurde der Großteil des bedeutenden Altstadtviertels Sur verstaatlicht. Mehmet Emir (Text und Fotos) besuchte mehrmals Diyarbakır und stellte eine «Auswahl von Fotos in so einer schwierigen Zeit, in der diese Menschen leben müssen», so der Fotograf, für den Augustin zusammen.Diyarbakır mit seinen berühmten antiken kilometerlangen Befestigungsmauern zählt zu den ältesten Städten im Nahen Osten. Während ich über Diyarbakır schreibe, sind die kurdische Oberbürgermeisterin Gültan Kışanak und ihr Stellvertreter Fırat Anlı von der Demokratischen Partei der Völker (HDP) von den türkischen Sicherheitskräften verhaftet worden. Ihnen wird unter anderem vorgeworfen, der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK), die in der Türkei als Terrororganisation gilt, nahe zu stehen. (Anm.: Kurz nach Redaktionsschluss werden auch noch Selahattin Demirtaş, der Vorsitzende der HDP, und ein Dutzend weiterer HDP-Abgeordnete verhaftet.)

Das erste Mal fotografierte ich in Diyarbakır im Jahr 2004. Ich bin damals im Zuge einer Reportage des ORF hingefahren, wo der Frage nachgegangen worden ist, ob die Türkei «kulturell» bereit sei, um in die EU aufgenommen zu werden.

Drei Jahre später konnte ich in Diyarbakır meine Ausstellung «Vater und ich» präsentieren. In dieser Zeit habe ich mir die Altstadt Sur mit ihren vielen engen Gassen mit den Augen eines Fotografen angeschaut. Die Menschen dort zu fotografieren, ist mir viel vertrauter als in Mitteleuropa. Kinder nützen die Gassen als Spielstätten. Ihre Mütter führen ihre Gespräche vor den Häusern, um ihre Aufmerksamkeit auf die spielenden Kinder richten zu können.

Zuletzt bin ich 2013 in Diyarbakır gewesen, um meine Schwester zu besuchen. Zu einer Zeit, in der sehr viele kurdische Flüchtlinge in die Stadt gekommen sind. Um die 250.000. Viele dieser Flüchtlinge mussten von der Bevölkerung versorgt werden, denn die Uno-Flüchtlingshilfe schaffte es nicht bis zu den kurdischen Städten.