Keine Grenzentun & lassen

Augustinerin Lisbeth Kovačič

Seit ungefähr fünf Jahren bin ich als freie Mitarbeiterin beim AUGUSTIN. Vor allem als Fotografin, aber ich schreibe auch manchmal.

Foto: Ruth Weismann

Wann ich das erste Mal für die Zeitung fotografiert habe, weiß ich gar nicht mehr, aber ich erinnere mich gut daran, wann ich zum ersten Mal geschrieben habe, das war 2013 über die Refugee-Proteste. Da hab ich zusammen mit einem Fotografen gearbeitet, er hat in der Votivkirche fotografiert, und ich habe den Text gemacht. Aber da ich aus Wien bin, kenne ich den AUGUSTIN natürlich schon viel länger. Inzwischen ist er die einzige Zeitung, die ich regelmäßig kaufe. Ich fotografiere auch für andere Zeitungen, vor allem aber widme ich mich dem Filmemachen. Ich beschäftige mich da hauptsächlich mit Grenzen, Flucht und Migration. Das Thema finde ich sehr wichtig, da ich die Idee nicht aufgeben möchte, dass es in Europa ein solidarisches Zusammenleben geben kann, wo man nicht darauf schaut, woher jemand kommt, sondern nur, was für ein Mensch jemand ist. Und dazu muss man Grenzen öffnen, was leider das Gegenteil von dem ist, was derzeit passiert.

Ich finde das auch persönlich super. Ich mag zum Beispiel Sprachen sehr gerne, ich beschäftige mich gerne damit und fühle mich wohl, wenn viele verschiedene Sprachen gesprochen werden. Wenn alle nur Deutsch sprechen, finde ich das ein bisschen fad. Ich spreche neben Deutsch noch Englisch, BKS, Französisch. Italienisch bringe ich mir gerade selber bei, und Türkisch konnte ich mal, da ich in Istanbul ein halbes Jahr als Erasmus-Studentin gelebt habe. Da kann ich die Ansätze noch und verstehe zumindest teilweise, worum es geht. Ich unterrichte auch Deutsch in der PROSA, dem Projekt Schule für Alle. Da geht es um die Vorbereitung zum Pflichtschulabschluss für Leute, die älter als 15 sind, also nicht mehr offiziell in die Schule gehen dürfen. Und da dürfen alle hin, egal welchen Aufenthaltsstatus sie haben oder auch, ob ihr Asylbescheid abgelehnt wurde. Das ist sehr schön, weil man die Leute über die Zeit, die man mit ihnen arbeitet, wirklich kennenlernt. Leider ist es nur durch Spenden finanziert. Dabei sollte so ein Projekt nicht die Ausnahme, sondern die Normalität sein.

Beim Filmemachen interessiert mich das Thema eben von der dokumentarischen Seite her. Der erste Kurzfilm, minor border, den ich dazu gemacht habe, beschäftigt sich mit der Grenze zwischen Österreich und Ungarn, weil die gerade abgebaut wurde. Anfang 2015 war der Abbau der Grenzstationen so ziemlich abgeschlossen, und ich auch mit dem Film fertig. Ende 2015 haben sie dann angefangen, die Grenzen wieder aufzubauen. Im Film hört man verschiedene Menschen, etwa Geflüchtete und Arbeitsmigrant_innen, zu der Grenze sprechen. Auf der Diagonale damals hat der Film einen Preis bekommen und wurde dadurch auch mehr wahrgenommen. Und innerhalb von einem Jahr hat sich politisch dann so viel verändert, dass der Film, der erst ein Jahr alt war, schon wieder ein historisches Dokument war.

Im Moment arbeite ich aber filmisch gerade an etwas ganz anderem. Ich habe ein Buch gefunden, in dem Vogellaute transkribiert sind, und Leute gefragt, ob sie das an verschiedenen Stellen in der Stadt laut lesen. Einer, und der macht das so gut, ist übrigens AUGUSTIN-Verkäufer Rudi Lehner. Er steht am Gürtel am Grünstreifen zwischen den Fahrbahnen und liest Vogellaute.