Keine Nachtruhe: Ab 2. Mai wird der Hauptbahnhof nachts geschlossen seintun & lassen

Rund 450 Kameras sorgen für Sicherheit, selbst die Tiefgarage ist hell erleuchtet. Trotzdem fühlen sich hier Menschen tatsächlich sicher – sicher, um die Nacht zu verbringen.Rund 20 bis 30 Menschen sind es, die täglich aus verschiedenen Stadtteilen Wiens den Hauptbahnhof aufsuchen, um hier zu übernachten. Weil es kaum dunkle Ecken oder geschützte Winkel gibt, verbringen die meisten der Wohnungslosen die Nacht im Wartebereich, im Erdgeschoss, zwischen den Aufgängen zu den Bahnsteigen. Glaubt man der Sozialarbeiterin Susanne Peter vom Caritas-Team am Hauptbahnhof, so werden die nächtlichen Gäste, sowohl von der Polizei als auch dem Sicherheitspersonal, rücksichtsvoll behandelt – man kennt sich mittlerweile. Generell funktioniere «die Zusammenarbeit mit den ÖBB und dem Sicherheitspersonal am Hauptbahnhof sehr gut». Erstere finanzieren auch das Caritas-Streetwork-Team vor Ort.

Zwar kontrolliert die Polizei auch am Hauptbahnhof häufig junge Menschen, die dem Äußeren nach nicht dem österreichischen Standard entsprechen; Wohnungslose, so sie sich unauffällig verhalten, werden aber in Ruhe gelassen.

Doch das soll sich jetzt ändern: Ab 2. Mai wird der Hauptbahnhof nachts für wenige Stunden geschlossen sein. Von 1.30 bis 4 Uhr sollen die Wartehallen menschenleer sein. Per Lautsprecherdurchsage wird davor dreimal verlautbart, dass das Gebäude zu verlassen ist. Schon in den letzten Wochen wurden mehrsprachige Folder mit Informationen zur bevorstehenden Nachtsperre am Hauptbahnhof an die nächtlichen Gäste verteilt.

«Ein Bahnhof hat einen großen Reinigungsbedarf. Das ist schwierig, wenn er nie leer ist», begründet Roman Hahslinger von den ÖBB die kommende Nachtsperre. Pünktlich mit dem Ende des Winterpakets, also den von der Stadt Wien finanzierten 1200 Schlafplätzen während der kalten Jahreszeit, wird nun auch die Möglichkeit, im Hauptbahnhof zu nächtigen, beendet. «Bei extremen Minusgraden werden wir sicher aufsperren. Bei normalen Temperaturen wird es aber auch im Winter bei der Sperre bleiben», so Hahslinger. Immerhin: «Ein Bahnhof ist kein Übernachtungsquartier.» Dem stimmt auch Susanne Peter grundsätzlich zu. «Er kann zumindest die benötigten Schlafplätze nicht ersetzen.» Stattdessen wäre die Stadt gefordert, auch im Sommer ausreichend Notschlafquartiere für Obdachlose zur Verfügung zu stellen. Werden mit Ende April die städtischen Winterquartier-Schlafplätze nun großteils geschlossen, so bleiben bis Herbst nur rund 300 Schlafplätze in Notschlafstellen für ganz Wien. «Das sind einfach zu wenige. Wir würden uns mehr ganzjährige Notquartierplätze wünschen», so Peter.

Solange es diese nicht gibt, war der Hauptbahnhof eine Möglichkeit, in einem einigermaßen sicheren Umfeld die Nacht zu verbringen. Wer das bisher in Anspruch genommen hat, muss sich jetzt nach einer anderen Nächtigungsmöglichkeit umsehen.