Kriegsgrüne und ihre Kritiker_innentun & lassen

Ein Echo auf unseren Beitrag «Hypo - oder: Die Erfindung Kroatiens»

Er schätze den Augustin auch, weil er eine parteiische Zeitung sei, die für die Menschen und Inhalte, für die sie stehe, mal polemisch, mal kämpferisch Haltung zeige, schreibt Andreas Parrer, Bundesfinanzreferent der österreichischen Grünen. Auch der Beitrag über den Zusammenhang zwischen der Kärntner Hypo und dem Balkankrieg in Ausgabe 367 sei sehr spannend gewesen. Bis auf eine Aussage: der Satz, die grüne Parteispitze habe «zusammen mit Alois Mock zu den ideologischen Einpeitschern des kroatischen Sezessionskrieges» gehört, sei eine journalistische Entgleisung und müsse von der Redaktion richtiggestellt werden.«Was soll dieser Satz hier, völlig einsam und verlassen? Der gesamte Artikel (…) enthält keinen Beweis, dass diese ungeheuerliche Unterstellung der aktiven politischen Kriegstreiberei auch nur ansatzweise wahr sein könnte», meint Parrer.

In dem kritisierten Augustin-Beitrag erläuterte der Ex-Grünpolitiker Gerald Oberansmayr, wie sehr die Hypo-Bank in die Finanzierung des kroatischen Sezessionskrieges und damit den Zerfall Jugoslawiens involviert war – ein Kapitel, das aus der aktuellen Hypo-Diskussion ausgeklammert werde. Dass der vom grünen Bundesvorstandsmitglied Parrer zitierte Satz «einsam und verlassen» im Blatt stehe, kann als Vorwurf akzeptiert werden. Aber was kommt heraus, wenn wir nachträglich die Zusammenhänge rekonstruieren, die diesem Satz zugrunde liegen, und den Hintergrund erläutern, vor dem die Grünen Österreichs zu ihrer Position hinsichtlich des Jugoslawienkrieges gelangten? Es kommt heraus, dass der Satz Oberansmayrs keine «ungeheuerliche» Unterstellung ist. Er ist nicht einmal eine Unterstellung.

Als im Frühling 1999 die ersten Nato-Bomben auf die Bundesrepublik Jugoslawien fielen, sagte der in dieser Region führende US-Diplomat Richard Holbrooke in einem «Kurier»-Interview, die «rasche Anerkennung der Unabhängigkeit Sloweniens und Kroatiens durch Deutschland und Österreich» acht Jahre zuvor habe den «Krieg am Balkan und den Zerfall Jugoslawiens ausgelöst». Mit der Beifügung, dass auch innerjugoslawische Entwicklungen eine Rolle beim Auseinanderleben der «Nationen» spielten, ist Holbrooks Einschätzung heute allgemein verbreitet. Außenminister Alois Mock und Vizekanzler Erhard Busek warben international für die Anerkennung der beiden «Staaten», diese sollte «sobald wie möglich» erfolgen. Die Linie der beiden VP-Politiker wurde im Parlament sowohl von den Grünen als auch von der FPÖ unterstützt; sie beteiligten sich auch an der Verunglimpfung des damaligen UN-Generalsekretärs Perez de Cuellar, der «schwerwiegende Folgen für die ganze Balkanregion» im Fall der selektiven Anerkennungspolitik, wie sie Österreich und Deutschland betrieben, voraussagte. Selbst Hansjörg Eiff, bis 1991 deutscher Botschafter in Belgrad, soll die Regierungen Deutschlands und Österreichs vor einer vorschnellen Anerkennung gewarnt und die spätere Eskalation prognostiziert haben. Statt auf die Warnungen Eiffs zu hören, beschloss das Bonner Außenministerium, sich des unliebsamen Mahners zu entledigen.

Eine Feuerpause ist noch lang kein Frieden

Diese Unterordnung der Grünen unter die Genscher-Mock-Politik, die später auch die Ausbildung und Ausrüstung der supranationalistischen kosovo-albanischen «Befreiungsarmee» UCK durch die deutschen Geheimdienste umfasste, löste die bisher schwerste Krise in der Geschichte der österreichischen Grünen aus. Am spektakulärsten war der demonstrative Austritt von 16 oberösterreichischen Grünen aus ihrer Partei im Mai 1999. Unter denen, die die Partei wegen ihrer «Abkehr von pazifistischen und antimilitaristischen Grundwerten» verließen, befand sich der damalige politische Sekretär der Grünen Linz, Gerald Oberansmayr. Offensichtlich gilt sein Widerstand unter den heutigen maßgeblichen Grünen immer noch als «Entgleisung».

In der Begründung des Austritts hieß es: «Grüne Parteien, vor allem die Grünen in Deutschland und Frankreich, sind zu Kriegstreibern geworden. Umso notwendiger wäre es gewesen, dass die österreichischen Grünen eine klare Trennlinie zu den Kriegstreibern in der eigenen Bewegung setzen. Trotz massivem Druck von der Parteibasis hat sich die Führung der österreichischen Grünen nie zu einer klaren Verurteilung der Kriegsgrünen in Deutschland und Frankreich durchringen können. Die Forderung, sich von diesen Grünparteien auf europäischer Ebene zu trennen, wurde klar abgelehnt.»

Eine umfassende Dokumentation «Krieg in Jugoslawien: Österreichische Grüne schwenken auf Linie von Joseph Fischer ein» ist auf www.servus.at/kanal/nato/wende.htm nachzulesen. Der «Friedensplan» des grünen deutschen Außenministers Joschka Fischer, der bewirken sollte, die Grün-Parteien in ganz Europa auf Linie zu bringen, war in Österreich voll aufgegangen. Alexander Van der Bellen begrüßte den Plan, der Bundesvorstand unterstützte ihn in einem Beschluss vom 12. April 1999 und Peter Pilz forderte sogar den Einsatz von Bodentruppen der Nato. Der «Friedensplan» forderte keine Beendigung der Nato-Bombardierungen, sondern bloß eine 24stündige Unterbrechung der Kriegshandlungen. Er sah unter anderem eine Unterordnung der UN unter die Nato vor.

Dieses traurige Kapitel in der Geschichte der österreichischen Grünen rekapitulierend, können wir der Forderung nach einer «Richtigstellung» im Sinne des Verfassers der Kritik nicht nachkommen.